Mietkaution kann nicht unbegrenzte Zeit zurückbehalten werden

Gericht

OLG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

19. 06. 2007


Aktenzeichen

24 U 55/07


Entscheidungsgründe


Gründe:


I.

Die Berufung des Beklagten hat nach derzeitigem Sach- und Streitstand keine Aussicht auf Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von insgesamt 5.759,25 € nebst Zinsen verurteilt sowie die in Ziff. 2. und 3. des Tenors der angefochtenen Entscheidung formulierten Feststellungen getroffen. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, eine für den Beklagten günstigere Entscheidung zu rechtfertigen:

1. Anspruch auf Rückzahlung der Kaution in Höhe von (noch) 5.423,35 €: Der Beklagte ist aus § 14 Ziff. 4 des Mietvertrages vom 12.11.1998 (im folgenden: MV) verpflichtet, die erhaltene Kaution - nach Zahlung von 2.246,03 € noch 5.423,35 € - zurückzuzahlen.

a) Der Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers ist fällig:

Der Anspruch des Mieters auf Rückgewähr der Mietsicherheit entsteht bereits mit Vertragsabschluss und ist aufschiebend bedingt durch die Beendigung des Vertrages. Er wird in angemessener Zeit nach Beendigung des Mietverhältnisses fällig, wenn der Vermieter in der Lage ist, noch offene Ansprüche, zu deren Sicherung die Kaution dient, in zumutbarer Weise abzurechnen (BGH WuM 1987, 310; Senat ZMR 2002, 37; MDR 2005, 981; OLG Köln WuM 1998, 154; Schmidt/Futterer/Langenberg, Mietrecht, 8. Aufl. § 551 Rdnr. 71; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl. § 551 Rdnr. 22, 23). Zwar sichert die Mietkaution alle - auch noch nicht fällige - Ansprüche des Vermieters, die sich aus dem Mietverhältnis und seiner Abwicklung ergeben, und sie erstreckt sich wegen dieses umfassenden Sicherungszwecks auch auf Nachforderungen aus einer nach Beendigung des Mietverhältnisses noch vorzunehmenden Abrechnung der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten (BGH WM 1972, 776; NJW 2006, 1422; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1987, 720; OLG Hamburg, NJW-RR 1988, 651; OLG Düsseldorf, ZMR 2000, 211, 213 f. und NZM 2005, 783 f.; Scheuer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., V B Rdnr. 289). Dieses Recht des Vermieters, die Kaution zur Sicherung zu erwartender Ansprüche aus der Abwicklung des Mietverhältnisses einzubehalten, besteht allerdings nicht zeitlich unbegrenzt. Die nachprüfbare Abrechnung bei Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht abgerechneter Betriebskosten ist - wie ausgeführt - innerhalb angemessener Frist vorzunehmen (so ausdrücklich zuletzt: BGH NJW 2006, 1422). Ob die Dauer dieser Frist für die Geschäftsraummiete auch im Einzelfall mehr als 6 Monate betragen darf (vgl. BGH NJW 2006, 1422; Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Aufl., Einf. v. § 535 Rn. 126: bis 1 Jahr), mag dahinstehen. Mit einem Zeitabstand von nunmehr bereits 33 Monaten seit Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.08.2004 ist diese Frist hier allerdings fraglos abgelaufen.

b) Der Kautionsrückzahlungsanspruch ist nicht in Höhe eines Teilbetrages von 1.571,77 € gemäß §§ 387, 389 BGB infolge der vom Beklagten erklärten Aufrechnung mit einer Mietzinsforderung für September 2004 erloschen. In zutreffender Beweiswürdigung, der sich der Senat anschließt, hat das Landgericht die Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.08.2004 festgestellt. Die Berufungsbegründung greift Einzelgesichtpunkte der Beweiswürdigung als jeweils nicht ausreichend an, übersieht hierin aber die das Ergebnis tragende Gesamtschau der vom Landgericht angeführten Aspekte. Der in der Anlage zur Berufungsbegründung vorgelegte Inseratauftrag des Beklagten vom 26.08.2004 steht dem Beweisergebnis des Landgerichts nicht entgegen, sondern bestätigt es sogar. Als Zeitpunkt für die gewünschte Veröffentlichung der Anzeige ist dort der 28.08.2004 genannt. Der Beklagte bietet das Mietobjekt ohne jede zeitliche Einschränkung (wie beispielhaft: „frei ab ...“) zur Anmietung an. Der so formulierte Text der Anzeige war geeignet, dem Leser und möglichen Interessenten den Eindruck zu vermitteln, die Halle sei (ab sofort) zur Anmietung und zum Einzug frei.

c) Ebenso ohne Erfolg beruft sich der Beklagte auf die von ihm erklärte Aufrechnung mit Nachzahlungsansprüchen in Höhe von insgesamt 3.851,57 € aus der Abrechnung der Heizkosten für die Zeiträume 15.10.2001 bis 30.06.2002, 01.07.2002 bis 30.06.2003 und 01.07.2003 bis 30.06.2004.

Es kann dahinstehen, ob der Beklagte die Abrechnungszeiträume unterschiedlich lang (zunächst 34 ½ Monate vom 01.12.1998 bis 14.10.2001, sodann 8 ½ Monate und anschließend zweimal je 12 Monate) bemessen durfte. Ebenso kann offen bleiben, ob die Heizkostenabrechnungen für die drei Zeiträume ab dem 15.10.2001 ordnungsgemäß und so grundsätzlich geeignet sind, die Fälligkeit der errechneten Nachzahlungen herbeizuführen, obwohl der dort angesetzte Verteilungsmaßstab (30% nach Fläche und 70% nach Verbrauch) nicht den Vorgaben des § 5 Ziff. 3 MV (50% nach Verbrauch) entsprach. Auch rechtfertigen die Umstände des Falls - nämlich das jahrelange Zuwarten mit der Abrechnung der Heizkosten - weder die Annahme einer Verwirkung des Rechts zur Abrechnung noch die Annahme einer schlüssigen Änderung des Vertrages dahin, eine Abrechnung solle nicht mehr stattfinden, sondern die Vorschusszahlung als Pauschale gelten.

Gleichwohl war (und ist) dem Beklagten eine wirksame Aufrechnung der Nachforderungsbeträge versagt. Denn die zur Aufrechnung gestellten Forderungen sind einredebehaftet; ihre Aufrechnung ist nach § 390 BGB ausgeschlossen. Mit Recht macht der Kläger ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB geltend. Der Beklagte ist bisher für den gesamten Zeitraum des Mietverhältnisses vom 01.12.1998 bis zum 31.08.2004 seiner Verpflichtung, die Betriebskosten abzurechnen, nicht nachgekommen. Für die Betriebskosten ist nach § 3 MV ein gesonderter monatlicher Vorschuss von 500 DM = 255,65 € zusätzlich zu dem gleich hohen Vorschuss für die Heizkosten zu zahlen und unstreitig auch gezahlt worden. Zwischen dem Anspruch des Beklagten auf Zahlung der errechneten Heizkostennachforderungen und dem Anspruch des Klägers auf Abrechnung der Betriebskosten besteht ein innerer natürlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang, so dass es gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen würde, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte.

Ist das Mietverhältnis - wie hier - beendet, so hat der Mieter kein Druckmittel mehr in Form eines Zurückbehaltungsrechts gegenüber den laufenden Nebenkostenvorauszahlungen in der Hand, um die Verpflichtung des Vermieters zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung durchzusetzen. Der unter Umständen äußerst zeitraubende und nicht immer Erfolg versprechende Umweg über eine (Stufen-)Klage auf Erteilung der Abrechnung kann dem Mieter nicht zugemutet werden (BGH NJW 2005, 1499; NJW 2006, 2552). Der Bundesgerichtshof (a. a. O.) hat dem Mieter aus diesen Gründen in ergänzender Auslegung des Mietvertrages sogar das Recht zugebilligt, bei beendetem Vertragsverhältnis bereits gezahlte Vorauszahlungen zurückzuverlangen. Aus den gleichen Gründen ist es aber auch gerechtfertigt, dem Mieter gegen Nachforderungen aus einzelnen Nebenkostenabrechnungen ein Zurückbehaltungsrecht zuzugestehen, wenn der Vermieter sich nur einen Teil der Nebenkosten zur Abrechnung herausgegriffen hat, die Abrechnung anderer Teile der Nebenkosten (und Nebenkostenvorauszahlungen) aber schuldig bleibt. Anderenfalls wäre es dem Vermieter möglich, nur die mit einer Nachforderung abschließenden Abrechnungen dem Mieter zugänglich zu machen und sich insoweit sogar durch Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch unmittelbar zu befriedigen, den Mieter hinsichtlich solcher Abrechnungen, die zum Ergebnis einer Überzahlung gelangen, aber auf den mühevollen Weg der Abrechnungsklage zu verweisen.

Soweit die frühere Rechtsprechung (OLG Düsseldorf - 10. Zivilsenat - ZMR 2001, 25 m. w. N.) ein Zurückbehaltungsrecht wegen ausstehender Nebenkostenabrechnungen verneint hat, ist diese Auffassung - jedenfalls für den Fall eines bereits beendeten Vertragsverhältnisses - durch die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs überholt.

Soweit der Beklagte sich gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Erteilung von Nebenkostenabrechnungen auf Verjährung beruft, ist dies im Hinblick auf § 215 BGB für die Entscheidung ohne Bedeutung.

2. Nebenforderungen: Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe der Hälfte der Verfahrensgebühr (335,90 €) und die Zinsforderung sind aus Verzug, §§ 286, 288 Abs. 1 S. 1 BGB, gerechtfertigt.

3. Feststellungsanträge: Aus den Ausführungen oben zu Ziff. 1. rechtfertigen sich auch die in Ziff. 2. und 3. des Tenors der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen.


II.

Auch die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren liegen vor.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB §§ 535, 273 I