Grunddienstbarkeit zur Nutzung von Garagen/Kfz-Stellplätzen
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
19. 09. 2008
Aktenzeichen
V ZR 164/07
Tatbestand:
K. B. war Eigentümer der Grundstücke H. str. 14 (herrschendes Grundstück) und H. str. 16 (dienendes Grundstück) in R. . Mit Ver-trag vom 23. September 1980 verkaufte er das Grundstück H. str. 14. In dem Kaufvertrag wurde die Bestellung einer Dienstbarkeit zugunsten der jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks vereinbart und bewilligt, die diese berechtigt,
"die (auf dem dienenden Grundstück) befindlichen PKW-Abstellplätze mitzubenutzen und dieses Recht auch Dritten zu überlassen, …; es müssen den Berechtigten mindestens 6 Parkplätze, 2 davon markiert, zur Verfügung stehen."
Die Dienstbarkeit wurde unter Bezugnahme auf die Bewilligung in das Grundbuch eingetragen.
Auf dem dienenden Grundstück befinden sich derzeit 25 Parkplätze. Außer der Grunddienstbarkeit lastet auf ihm eine Stellplatzbaulast zugunsten des herrschenden Grundstücks. Der Beklagte ist Miteigentümer des herrschenden Grundstücks. Er betreibt dort eine Apotheke. Einen Teil der Räume in den Gebäuden auf dem Grundstück hat er an verschiedene Ärzte vermietet.
Im Dezember 2005 erwarb die Klägerin das dienende Grundstück. Sie behauptet, die Angestellten und Kunden der Apotheke und der Arztpraxen belegten tagsüber alle Parkplätze. Sie verlangt von dem Beklagten, es zu unterlassen, andere als die Parkplätze 1 bis 6 zu nutzen oder Dritten zur Nutzung zu überlassen, Ersatz vorgerichtlicher Kosten, Zahlung von 9.500 € nebst Zinsen als Entgelt für die Nutzung der übrigen 19 Parkplätze im Zeitraum von Januar bis Oktober 2006 und die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, für die künftige Nutzung dieser Parkplätze je 50 € im Monat zu zahlen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht dem Beklag- ten die Nutzung der Parkplätze 12 bis 25 verboten. Dagegen richtet sich dessen von dem Senat zugelassene Revision, mit welcher der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Mit der Anschlussrevision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter und beantragt hilfsweise, den Beklagten zur Bewilligung der Eintragung einer Nutzungsregelung zu verurteilen, nach welcher diesem die Parkplätze 1 bis 11 und ihr die Parkplätze 12 bis 25 zur alleinigen Nutzung zur Verfügung zu stehen haben.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält den Unterlassungsantrag für teilweise begründet. Die vollständige Benutzung der Parkplätze durch die Angestellten und Kunden seiner Apotheke und der Arztpraxen sei dem Beklagten zuzurechnen. Die Regelung im Kaufvertrag vom 23. September 1980 sei nicht eindeutig und auslegungsbedürftig. Die begleitende Baulast spreche dafür, dass dem Beklagten neun Parkplätze zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stünden. Jedenfalls sei das Begleitschuldverhältnis zu der bestellten Dienstbarkeit nach § 313 BGB anzupassen und eine Treu und Glauben gerecht werdende Lösung zu finden. Diese ergebe sich aus dem Vorschlag des Beklagten im Rahmen von Vergleichsverhandlungen im Vorfeld des Rechtsstreits. Dort habe der Beklagte vorgeschlagen, die Parkplätze 1 bis 11 zu nutzen und der Klägerin die übrigen Parkplätze zu überlassen. Zahlungsansprüche der Klägerin bestünden nicht. Das Recht zur Nutzung der Parkplätze auf dem dienenden Grundstück sei im Vertrag ausdrücklich als unentgeltlich bezeichnet worden.
II.
Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
A. Zur Revision des Beklagten
Die Revision ist begründet. Die Klägerin kann nach § 1004 Abs.1 BGB von dem Beklagten zwar grundsätzlich verlangen, bestimmte Parkplätze auf ihrem Grundstück nicht (mehr) zu benutzen. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine dem Interesse der Klägerin einerseits und des Beklagten und der übrigen Miteigentümer seines Grundstücks anderseits nach billigem Ermessen entsprechende Nutzungsregelung. Dass die von ihm vorgenommene Zuteilung der Parkplatznutzung dem entspricht, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dies ist aber auch nicht auszuschließen.
1. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin lässt sich nicht damit begründen, dass der Beklagte schon nach dem Inhalt der Dienstbarkeit nur bestimmte Parkplätze benutzen dürfte.
a) Der Umfang der Dienstbarkeit wird von deren Eintragung im Grundbuch bestimmt. Deren Auslegung unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch den Senat (st. Rechtspr., vgl. Senat BGHZ 37, 147, 149; BGHZ92, 351, 355). Die nach dem öffentlichen Recht zu beantwortende Frage nach dem Umfang und den Umständen des Zustandekommens der Baulast an dem Grundstück hat keinen Niederschlag in der Eintragungsbewilligung und damit im Grundbuch gefunden. Bedeutung bei der Auslegung des Inhalts der Berechtigung, die die Dienstbarkeit gewährt, kommt ihr nicht zu.
b) Nach der in dem Kaufvertrag vom 23. September 1980 enthaltenen Bewilligung darf der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks "die" Parkplätze auf dem dienenden Grundstück mitbenutzen. Die einschränkungslose Verwendung des bestimmten Artikels "die" ist sprachlich gleichbedeutend mit "sämtliche" und lässt, für sich genommen, keinen Zweifel daran, dass der Beklagte (und seine Mieter) alle Parkplätze auf dem Grundstück der Klägerin mitbenutzen dürfen.
c) Zweifel ergeben sich entgegen den Andeutungen des Berufungsgerichts auch nicht aus dem Zusatz der Bewilligung, dass dem Berechtigten "mindestens 6 Parkplätze, 2 davon markiert, zur Benutzung zur Verfügung stehen" müssen. Diese Passage deutet darauf hin, dass sechs Parkplätze von dem Berechtigten nicht nur mitbenutzt werden dürfen, sondern für ihn vorgehalten werden müssen. Das bedeutet aber nicht, dass der Beklagte und seine Mieter die übrigen Parkplätze auf dem Grundstück der Klägerin nicht nutzen dürften. Zwar könnte man grundsätzlich aus der Berechtigung zur exklusiven Nutzung einer bestimmten Zahl von Parkplätzen den Schluss ziehen, dass dem Berechtigten im Gegenzug eine Nutzung weiterer Parkplätze nicht zusteht. Diesem Schluss steht hier aber die ausdrückliche Vereinbarung entgegen, dass die Nutzung von sechs Stellplätzen die Bestimmung einer Mindestbefugnis bildet, die die Nutzungsberechtigung an den übrigen Stellplätzen gerade nicht einschränkt.
2. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin im ausgeurteilten Umfang lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die Nutzungsberechtigung des Beklagten aus der Dienstbarkeit im Wege der Anpassung nach § 313 BGB zu beschränken wäre.
a) Eine Anpassung würde sich zwar gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB nach § 313 BGB richten. Es fehlt jedoch schon an einem anpassungsfähigen Vertrag.
aa) Die Grunddienstbarkeit selbst scheidet insoweit aus. Eine Dienstbarkeit wird zwar nach § 873 BGB durch Vertrag bestellt. Grundlage des - dinglichen - Vertrags ist die im Kaufvertrag vom 23. September 1980 vereinbarte schuldrechtliche Bestellungsverpflichtung. Nur deren Geschäftsgrundlage könnte entfallen sein. Nur diese könnte anzupassen sein. Hierfür ist nichts ersichtlich. Davon geht auch das Berufungsgericht aus.
bb) Entgegen dessen Meinung scheidet aber auch das Begleitschuldverhältnis der Dienstbarkeit als Grundlage einer Anpassung aus. Das Begleitschuldverhältnis entsteht als gesetzliche Folge der Bestellung der Dienstbarkeit. Es hat dienende Funktion (Staudinger/Mayer, BGB [2002], § 1018 Rdn. 80) und umfasst die das Nutzungsrecht begleitenden Pflichten des aus der Dienstbarkeit Berechtigten (Senat, BGHZ 95, 144, 146), aber auch entsprechende Pflichten des Eigentümers des belasteten Grundstücks (Senat, BGHZ 106, 348, 350). Diese Pflichten bestimmen sich nach Inhalt und Zweck der Dienstbarkeit. Deshalb lässt sich etwa ein Anspruch gegen den Eigentümer des dienenden Grundstücks auf Zustimmung zur Eintragung einer öffentlich-rechtlichen Baulast aus dem Begleitschuldverhältnis nur ableiten, wenn die Dienstbarkeit den Zweck hat, die Bebauung des herrschenden Grundstücks zu ermöglichen (Senat, BGHZ 106, 348, 351; Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 218/91, NJW 1992, 2885, 2886; Beschl. v. 15. Mai 2008, V ZR 204/07, juris). Bestimmt die Dienstbarkeit den Inhalt des Begleitschuldverhältnisses, kann dieses schon vom gedanklichen Ansatz her nicht zur Änderung des Inhalts der Dienstbarkeit verpflichten.
b) Des Weiteren fehlt es an einem Anpassungsgrund. Ein solcher Grund ist nach § 313 Abs. 1 und 2 BGB entweder eine schwerwiegende Veränderung von Umständen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, oder der Umstand, dass sich wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, als falsch herausstellen. Weder den einen noch den anderen Fall nimmt das Berufungsgericht an. Es stützt die Anpassung des Rechts zur Ausübung der eingetragenen Dienstbarkeit allein auf den Umstand, dass die von dem Beklagten praktizierte Ausübung den Geboten von Treu und Glauben nicht entspreche. Das ist kein Fall, in dem § 313 BGB eine Anpassung vorsieht.
3. Die teilweise Verurteilung des Beklagten stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
a) Der Klägerin kann zwar unter dem Gesichtspunkt der Übermaßnutzung ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB zustehen. Die Nutzung der Parkplätze könnte nämlich gegen Gebot der schonenden Nutzung (§ 1020 Satz 1 BGB) verstoßen. Eine in diesem Sinne übermäßige Nutzung braucht der Eigentümer des dienenden Grundstücks nicht zu dulden (Senat, Urt. v. 6. Februar 2004, V ZR 196/03, VIZ 2004, 328, 330; Erman/Grizwotz, BGB, 12. Aufl., § 1020 Rdn. 1; Staudinger/Mayer, aaO § 1020 Rdn. 9).
b) Ein solcher Unterlassungsanspruch bietet aber keine taugliche Grundlage für die Verurteilung des Beklagten durch das Berufungsgericht. Nach § 1004 Abs. 1 BGB könnte der Eigentümer des dienenden Grundstücks von dem Berechtigten nämlich nur verlangen, die übermäßige Nutzung zu unterlassen. Ein Anspruch auf einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Ausübung der Dienstbarkeit, wie ihn das Berufungsgericht annimmt, folgt aus der Übermaßnutzung dagegen nicht (Senat, Urt. v. 30. März 1965, V ZR 43/63, NJW 1965, 1229; Erman/Grziwotz, aaO; Staudinger/Mayer, aaO).
4. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif.
a) Der zuerkannte Unterlassungsanspruch kann sich nämlich, worauf die Anschlussrevision im Ergebnis zutreffend hinweist, daraus ergeben, dass die Klägerin von dem Beklagten und den anderen Miteigentümern des herrschenden Grundstücks die Zustimmung zu einer Ausübungsregelung verlangen kann, die dem Beklagten die Stellplätze 1 bis 11 zuweist und die Nutzung der übrigen Stellplätze durch ihn untersagt.
aa) Ein Grundstückseigentümer, der von dem Berechtigten eine bestimmte Ausübungsregelung verlangen kann, ist nicht verpflichtet, zunächst auf den Abschluss einer entsprechenden Regelung zu klagen. Er ist vielmehr berechtigt, auch ohne das vorherige Zustandekommen einer solchen Regelung nach § 1004 Abs. 1 BGB zu verlangen, eine Ausübung der Dienstbarkeit zu unterlassen, die der geschuldeten Ausübungsregelung widerspricht (für § 1024 BGB: BGH, Urt. v. 28. Mai 1979, III ZR 76/77, LM Nr. 1 zu § 1024 BGB; Bamberger/Roth/Wegmann, BGB, 2. Aufl., § 1024 Rdn. 6; Erman/Grziwotz, aaO, § 1024 Rdn. 2; MünchKomm-BGB/Falckenberg, 4. Aufl., § 1024 Rdn. 3; NK-BGB/Otto, § 1024 Rdn. 10; RGRK/Rothe, BGB, 12. Aufl., § 1024 Rdn. 4; wohl auch Staudinger/Mayer, aaO, § 1024 Rdn. 8 f.).
bb) Aus § 1024 BGB lässt sich ein solcher Anspruch im vorliegenden Fall zwar nicht ableiten. Die Vorschrift spricht neben den Berechtigten aus einer Grunddienstbarkeit auch andere Nutzungsberechtigte an. Das Eigentum scheidet aber, worauf die Revision zu Recht hinweist, nach allgemeiner Meinung als sonstiges Nutzungsrecht aus (RGZ 105, 186, 191; Erman/Grziwotz, aaO, § 1024 Rdn. 1; MünchKomm-BGB/Falckenberg, aaO, § 1024 Rdn. 2; NK-BGB/Otto, aaO, § 1024 Rdn. 4; RGRK/Rothe, aaO, § 1024 Rdn. 2; Staudinger/Mayer, aaO, § 1024 Rdn. 5; wohl auch BGH, Urt. v. 28. Mai 1976, III ZR 76/77, LM Nr. 1 zu § 1024 BGB). Eine § 1024 BGB entsprechende Vorschrift ist nur bei Inhabern nebeneinander bestehender beschränkter dinglicher Rechte an einem Grundstück notwendig, weil es an einer rechtlichen Verbindung der Rechtsinhaber untereinander fehlt. Eine solche Verbindung ist im Verhältnis des Berechtigten einer Dienstbarkeit zum Eigentümer des dienenden Grundstücks demgegenüber vorhanden und für ihr Verhältnis untereinander maßgeblich (NK-BGB/Otto, aaO, § 1024 Rdn. 4).
cc) Als Grundlage eines Anspruchs auf Vereinbarung einer Ausübungsregelung kommt aber § 745 Abs. 2 BGB in Betracht. Dürfen Berechtigter und Eigentümer, wie hier, nach dem Inhalt einer Dienstbarkeit das Grundstück in bestimmter Beziehung gleichberechtigt nutzen, liegt eine der Gemeinschaft vergleichbare Lage vor, die es rechtfertigt, auf die für diese geltenden Vorschriften zurückzugreifen. Das hat der Senat für die Pflicht zur Unterhaltung einer gemeinschaftlich genutzten Anlage entschieden (Senat, BGHZ 161, 115, 123). Für die Ausübung der beiderseitigen Nutzungsbefugnisse gilt jedenfalls in der hier gegebenen Konstellation nichts anderes. Zwar können Meinungsverschiedenheiten über die Vereinbarkeit eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten bei der Ausübung der Dienstbarkeit oder dem Gebot ihrer schonender Ausübung auch ohne Rückgriff auf das Gemeinschaftsverhältnis durch die Gel-tendmachung der Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB und, im umgekehrten Fall, nach § 1027 BGB geklärt werden. Anders liegt es aber dann, wenn, wie hier, das von der Dienstbarkeit gewährte Recht neben das Recht des Eigentümers tritt und das Verhalten des Berechtigten für sich genommen demInhalt der Dienstbarkeit entspricht. Die Beeinträchtigung des Eigentums liegt dann nicht in einem Verhalten des Berechtigten, das Gegenstand eines Unterlassungsanspruchs sein könnte, sondern ergibt sich aus dem Fehlen einer Ausübungsregelung. Diese kann der Eigentümer in entsprechender Anwendung von § 745 Abs. 2 BGB, sei es durch eine Klage auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung, sei es durch eine Klage auf Unterlassung einer ihr widersprechenden Ausübung der Dienstbarkeit, durchsetzen.
b) Zu einer Unterlassung der Parkplatznutzung in dem von dem Berufungsgericht zuerkannten Umfang ist der Beklagte nach § 1004 Abs. 1 i. V. m. § 745 Abs. 2 BGB aber nur verpflichtet, wenn die in der Verurteilung vorgenommene Zuweisung der Parkplätze den Interessen der Parteien, aber auch der anderen Miteigentümer des herrschenden Grundstücks, nach billigem Ermessen entspricht. Dass und aus welchen Gründen das der Fall ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Der Vergleichsvorschlag des Beklagten scheidet als Grundlage hierfür von vornherein aus. Er beschreibt nur die Interessen des Beklagten selbst, nicht das – auch zu berücksichtigende – Interesse der übrigen Miteigentümer des herrschenden Grundstücks und besagt zudem das Gegenteil dessen, was das Berufungsgericht seiner Entscheidung insoweit zugrunde gelegt hat. Der Beklagte hat in seinem Vorschlag die Nutzung der Parkplätze 12 bis 25 keineswegs vollständig aufgeben wollen, sondern sich die weitere Mitbenutzung dieser Plätze ausdrücklich vorbehalten.
c) In der neuen Verhandlung wird zu prüfen sein, welche Zuweisung aus welchen Gründen von Parkplätzen billigem Ermessen entspricht. Die Parteien haben dabei Gelegenheit zu dem entscheidenden, von ihnen in den Tatsacheninstanzen übersehenen rechtlichen Ansatz Stellung zu nehmen und ihr Vorbringen zu ergänzen.
B. Zur Anschlussrevision der Klägerin
Die Anschlussrevision der Klägerin ist teilweise begründet. Ihr können Ansprüche auf alleinige Nutzung zusätzlicher Stellplätze und auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für die Vergangenheit zustehen. Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten steht ihr nicht zu. Der Feststellungsantrag ist unzulässig.
1. Ein Anspruch gegen den Beklagten, die Parkplätze 7 bis 25 nicht zu nutzen, steht der Klägerin aus den oben dargelegten Gründen zwar nicht zu. Ohne die erforderlichen Feststellungen lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass es billigem Ermessen entspricht, der Klägerin bei entsprechendem Antrag mehr als die Parkplätze 12 bis 25 zur Nutzung zuzuweisen.
2. Der Klägerin kann auch ein Anspruch auf Entschädigung für die Nutzung der Parkplätze in der Vergangenheit zustehen. Ihr stünden nämlich in entsprechender Anwendung von § 743 BGB nach Maßgabe einer noch festzustellenden Ausübungsregelung die Früchte der Benutzung der ihr zugewiesenen Parkplätze zu (Senat, Urt. v. 29. Juni 1966, V ZR 163/63, NJW 1966, 1707, 1708). Daran änderte es nichts, dass der Vertrag vom 23. September 1980 eine Entschädigung für die Nutzung des dienenden Grundstücks nicht vorsieht. Die Entschädigung für die Nutzung ist aber erst von dem Zeitpunkt an geschuldet, zu dem die Klägerin selbst eine Ausübungsregelung gerichtlich geltend macht oder zu dem der Beklagte ihr die Mitbenutzung hartnäckig verweigert hat (Senat, Urt. v. 29. Juni 1966, V ZR 163/63, aaO, 1709). Die gerichtliche Geltend-machung kann auch im Wege der Unterlassungsklage erfolgen; eine hartnäckige Verweigerung der Mitbenutzung könnte in dem Schreiben des Beklagten vom 23. März 2006 zu sehen sein, in welchem er von der Klägerin verlangt hat, ihm 16 Parkplätze zur alleinigen Nutzung zu überlassen. In welchem Umfang danach ein Zahlungsanspruch besteht, hängt von dem festzustellenden Inhalt der Ausübungsregelung und der Bewertung des genannten Verhaltens des Beklagten ab.
3. Der Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für die Zukunft ist schon deshalb unzulässig, weil es an einem Feststellungsinteresse fehlt. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass der Beklagte eine Ausübungsregelung, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung über den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zugrunde zu legen hat, nicht einhalten wird.
4. Ersatz ihrer vorgerichtlichen Kosten kann die Klägerin nur aus Verzug gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB verlangen. Dessen Voraussetzungen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
III.
Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Bei der Prüfung, ob die von der Klägerin zu bezeichnende Ausübungsregelung billigem Ermessen entspricht, ist in entsprechender Anwendung von § 742 BGB als Regel davon auszugehen, dass der Berechtigte und der Grundstückseigentümer in gleichem Umfang zur Benutzung der Parkplätze berechtigt sind.
2. Sodann ist zu prüfen, welche objektiven Gesichtspunkte in welchem Umfang unter Berücksichtigung der beiderseitigen Nutzungsbedürfnisse eine Abweichung hiervon gebieten. Dabei sind neben den Interessen der Parteien die Interessen der übrigen Miteigentümer des herrschenden Grundstücks ein-zubeziehen. Insoweit sind über den Inhalt der Dienstbarkeit hinaus der mit ihrer Bestellung verfolgte Zweck und die begleitende Baulast zu berücksichtigen.
3. Das Berufungsgericht ist auch nicht gehindert, seiner Entscheidung eine andere Ausübungsregelung zugrunde zu legen als die von der Klägerin geltend gemachte, wenn diese billigem Ermessen entspricht. Bei der Klage auf Abschluss einer solchen Regelung wäre zwar die Verurteilung zu einer anderen als der beantragten Ausübungsregelung möglicherweise nicht zulässig (BGH, Urt. v. 29. September 1993, XII ZR 43/92, NJW 1993, 3326, 3327; Bamberger/Roth/Gehrlein, aaO, § 745 Rdn. 11; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 745 Rdn. 5; vgl. aber auch Senat, Urt. v. 12. Mai 2006, V ZR 97/05, NJW 2006, 2843, 2845). Hier geht es aber nicht um den Abschluss der Ausübungsregelung, sondern darum, das berechtigte Maß der Nutzung des dienenden Grundstücks durch den Beklagten zu bestimmen. Diese Bestimmung kann und muss das erkennende Gericht selbst vornehmen, wenn zwar nicht die von dem Unterlassungskläger zugrunde gelegte Ausübungsregelung, wohl aber eine andere beansprucht werden kann und der Unterlassungsanspruch deshalb ganz oder teilweise besteht.
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