Hotelbewertungen im Internet
Gericht
AG Wolgast
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
05. 12. 2008
Aktenzeichen
1 C 501/07
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten wegen seiner Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Beklagte war vom 06.09. - 09.09.2007 Gast im ..., das von der Klägerin betrieben wird. Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband hat dieses Hotel mit vier Sternen klassifiziert. Nach seinem Aufenthalt nahm der Beklagte auf der Internetseite "Holidaycheck.de" eine Bewertung des Hotels vor. Für den Inhalt wird auf die Anlage zur Klageschrift (Blatt 12 f.) Bezug genommen. Insbesondere äußerte der Beklagte dort als seine Hotelbewertung: "maximal 3-Sterne-Hotel; alles andere im Hotel, was wir bewerten können durch unsere Nutzung, entsprach überwiegend getünchter Nostalgie, gepaart mit unternehmerischer Arroganz".
Die Internetseite wird von der Firma Holidaycheck AG mit Sitz in der Schweiz betrieben. Die Bewertung des Beklagten kann auf Veranlassung des Internet-Portalbetreibers auch auf der Seite "www.Hotelbewertungen.de" abgerufen werden. In den Nutzungsbedingungen für die Webseiten der Holidaycheck AG (Anlage B 4, Blatt 64 d. A.) überträgt der Nutzer mit der Veröffentlichung der Inhalte das Nutzungsrecht an diesen unwiderruflich an den Betreiber und stimmt einer Übertragung an Dritte zu.
Die Klägerin forderte den Beklagten durch den Kläger zu 2) auf, den Eintrag im Internetportal zu löschen. Zwischen den Parteien entwickelte sich eine E-Mail-Korrespondenz, für deren Inhalt auf die Anlagen zur Klageschrift, Blatt 6 bis 11 d. A. Bezug genommen wird. Insbesondere sandte der Beklagte an die Klägerin zu Händen des Klägers zu 2) folgende Nachricht:
"Bezüglich unseres Telefonats am 27.09.2007 habe ich meine Bewertung Ihres Hotels im beiderseitigen Einvernehmen zurückgezogen. Als Anhang sende ich Ihnen meine E-Mail an Holidaycheck. Damit verzichten Sie, wie telefonisch besprochen, auf rechtliche Schritte gegen meine Person."
Die von dem Beklagten formulierte Bewertung war auch nach Abschluss der E-Mail-Korrespondenz zwischen den Parteien unter den genannten Internetadressen abrufbar. Am 21.10.2007 versandte der Beklagte an die Klägerin eine weitere E-Mail, in der er mitteilte, dass er sich entschlossen habe, "die Hotelbewertung über die Zurücknahme aus persönlichen Gründen zu stellen" .
Die Kläger begehren mit ihrer Klage von dem Beklagten zum einen die Unterlassung der getätigten und ähnlich lautender Behauptungen, zum anderen verlangen sie, dass der Beklagte die vorgenommene Hotelbewertung zurückzieht oder löschen lässt.
Die Kläger sind der Ansicht, die von dem Beklagten formulierten Äußerungen enthielten zum einen falsche Tatsachenbehauptungen ("3 Sterne") und seien im Übrigen herabwürdigend, sodass diese als Schmähkritik zu werten seien. Wegen Wiederholungsgefahr sei der Beklagte zur Unterlassung verpflichtet. Der Beklagte habe sich außerdem vertraglich verpflichtet, die Äußerungen zurückzuziehen. Hierzu sei er auch tatsächlich in der Lage.
Die Kläger stellen folgende Anträge:
Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, folgende oder ähnlich lautende Behauptungen über Internetportale, wie z. B. das Internetportal Holidaycheck über das Hotel der Klägerin zu verbreiten:
"maximal 3 Sterne-Hotel
alles andere im Hotel, was wir bewerten können durch unsere Nutzung, entsprach überwiegend getünchter Nostalgie, gepaart mit unternehmerischer Arroganz.
Der Beklagte wird verurteilt, die Internethotelbewertung über die Klägerin in den Internetportalen Holidaycheck und Hotelbewertung.de, die er unter dem Namen Hubertus veröffentlicht hat, zurückzuziehen bzw. löschen zu lassen.
Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Rechtsanwaltsgebühren gem. Rechnung vom 25.10.2007, Rechtsanwälte ... und Kollegen über 402,82 € freizustellen.
Der Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, beide Klageanträge seien wegen Unbestimmtheit unzulässig und im Übrigen unbegründet:
So habe er in der Hotelbewertung lediglich seine Meinung geäußert. Auf den Inhalt der Äußerungen in dem Internetportal habe er keinerlei Zugriff, da die Betreiber nun das alleinige Nutzungsrecht hätten. Auch habe er in der E-Mail-Korrespondenz nur angekündigt, sich an den Portalbetreiber mit der Aufforderung zu wenden, die Äußerungen zu löschen. Dies habe er getan. Schließlich ist der Beklagte der Ansicht, eine gegebene Zusage habe er jedenfalls wegen des Verhaltens der Klägerin nach dem 27.09.2007 zu Recht gekündigt. Im Einzelnen wird auf den Vortrag im Schriftsatz vom 08.04.2008, Seite 8 (Blatt 121 der Akte) Bezug genommen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise unzulässig und auch hinsichtlich der Klageanträge zu 1. und 2. unbegründet. Hieraus folgt die Unbegründetheit des Klageantrags zu 3.
I.
Der Klageantrag zu 1. ist insoweit teilweise unzulässig, als er die Formulierung "oder ähnlich lautende Behauptungen" enthält. Denn die Bezeichnung "ähnlich" ist so weit gefasst, dass dann im Vollstreckungsverfahren inhaltlich zu erörtern und zu entscheiden wäre, ob eine bestimmte Äußerung hierunter zu subsummieren wäre. Dies ist jedoch gerade nicht die Funktion des Vollstreckungsverfahrens.
Der Klageantrag zu 1. ist insgesamt unbegründet. Die Klägerin zu 1) hat gegen den Beklagten dann einen Anspruch auf Unterlassung aus § 1004 BGB in Verbindung mit dem Recht am eingerichteten ausgeübtem Gewerbebetrieb, wenn es sich um ein sogenannte "Schmähkritik" handelt, die vom Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gedeckt ist (vgl. Staudinger-Hager, Kapitel D, Randnummer 34, zu § 823 BGB, Stichwort "Gastronomiekritik") oder wenn unwahre Tatsachen behauptet werden:
In der Äußerung "maximal 3 Sterne" unter der Überschrift "Hotelbewertung" liegt erkennbar die Wertung des Gastes, dass er selbst dieses Hotel mit 3 Sternen bewerten würde. In der Äußerung wird die Tatsache der 4 Sternebewertung durch die DEHOGA nicht in Zweifel gezogen. Dies ergibt sich auch aus der Überschrift, wo neben dem Hotelnamen 4 Sterne aufgeführt sind. Die weiteren Formulierungen "getünchte Nostalgie" und "unternehmerische Arroganz" stellen Wertungen des Gastes dar und sind als Meinungsäußerungen zu verstehen. Der Beklagte beschreibt hier, wie er als Gast den Hotelaufenthalt empfunden hat. Die Wörter "getüncht" und "Arroganz" sind negative Wertungen, jedoch noch nicht so stark, dass damit eine Schmähung verbunden wäre. Diese Worte umschreiben die Wertung "mehr Schein als Sein", was eine zulässige Meinungsäußerung darstellt.
Da sich diese Äußerungen ausschließlich an den Hotelbetrieb richten, kann der Kläger zu 2) als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht hieraus keine weitergehenden Rechte geltend machen. Denn die Äußerungen beziehen sich allein auf den Geschäftsbetrieb und nicht auf die Person des Klägers zu 2). Als Meinungsäußerungen über den Hotelbetrieb stellen sie keine Beleidigung des Klägers zu 2) dar.
Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus der E-Mail des Beklagten vom 27.09.2007. Hierin verpflichtete sich der Beklagte, die Bewertung im gegenseitigen Einvernehmen zurückzuziehen und verwies auf eine E-Mail an den Betreiber des Internetportals im Anhang. In dieser E-Mail vom 27.09.2007 erklärte der Beklagte an die Firma Holidaycheck AG, dass er seine Bewertung des Hotels ... vom September 2007 zurückziehe und um sofortige Löschung aus der Bewertungsliste bitte (vgl. Anlage B 7, Blatt 126 der Akte). Der Beklagte hatte damit alles getan, um seine Verpflichtung vom 27.09.2007 zu erfüllen. Darauf, ob seine Bewertung tatsächlich gelöscht würde, hatte er keinen Einfluss. Der Beklagte hat ausreichend dargelegt, dass er eine Eintragung in die Hotelbewertung nur vornehmen konnte, wenn er zuvor die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Portalbetreibers akzeptierte, die eine Übertragung des Nutzungsrechts an den Äußerungen vorsehen. Der Beklagte hat auch durch eine E-Mail der Holidaycheck AG vom 08.01.2008 (Anlage B 3, Blatt 63 der Akte) ausreichend dargelegt, dass der Portalbetreiber sich auf diese Übertragung der Nutzungsrechte beruft und nicht Willens ist, der Bitte um Löschung der Eintragungen zu entsprechen. Demgegenüber haben die Kläger nicht ausreichend dargelegt, der Beklagte habe Einfluss auf eine Löschung seiner Äußerung gehabt. Zwar haben die Kläger dargelegt, die Äußerungen des Beklagten sei für kurze Zeit (25 Minuten) nicht im Internet abrufbar gewesen. Hierdurch ist jedoch nicht dargelegt, dass dies auf Veranlassung des Beklagten erfolgte. Zwar hat der Beklagte gemäß seiner E-Mail vom 21.10.2007 seine Meinung geändert (vgl. Blatt 10 der Akte); jedoch ist nicht ersichtlich, dass dieses auf die kurzzeitige Nichtabrufbarkeit der Äußerung am 10.10.2007 zwischen 8:52 Uhr und 9:17 Uhr Einfluss hatte. Aus der Tatsache, dass sich die streitgegenständliche Äußerung noch in dem Internetportal befindet, kann eine Wiederholungsgefahr daher nicht abgeleitet werden.
Ein Anspruch der Kläger ergibt sich schließlich auch nicht aus der E-Mail des Beklagten vom 27.09.2007 in Verbindung mit der E-Mail vom 21.10.2007, in der er gegenüber der Klägerin erklärte, seine Hotelbewertung nunmehr aufrechtzuerhalten und in der er seine Bewertung um einige Details bezüglich vorgetragener Mängel des genutzten Zeitraums ergänzte. Jedoch besteht hieraus keine Wiederholungsgefahr bezüglich der streitgegenständlichen Äußerungen. Denn auf die streitgegenständlichen Äußerungen hatte diese Entscheidung des Beklagten gemäß seiner E-Mail vom 21.10.2007 keinen Einfluss. Sie war damit nicht ursächlich für den Fortbestand der Äußerung in dem Internetportal und hatte insoweit keine Außenwirkung. Die Entscheidung des Beklagten, nunmehr "die Hotelbewertung über die Zurücknahme aus persönlichen Gründen zu stellen" hatte keine Wirkung darauf, ob die Äußerungen weiterhin im Internet zu lesen waren oder nicht. Die Ergänzungen wiederum betreffen ausschließlich den Aufenthalt vom September 2007. Es ist daher nicht ersichtlich, dass der Beklagte die streitgegenständlichen Äußerungen außerhalb dieser konkreten Bewertung über den Aufenthalt vom September 2007 hinaus tätigen werde. Weiter reicht auch seine eingegangene Verpflichtung vom 27.09.2007 nicht, die sich ebenfalls nur auf die streitgegenständliche Bewertung bezieht.
II.
Der Klageantrag zu 1. ist zum einen wegen Unbestimmtheit unzulässig. Denn da der Beklagte die Nutzungsrechte an seinen Äußerungen an den Betreiber des Internetportals abgetreten hat, hat er keine Verfügungsgewalt mehr über diese Äußerungen. Durch eine Willenserklärung, die mit Rechtskraft des Urteils gemäß § 895 ZPO wirkt, lassen sich die Äußerungen im Internet nicht löschen, noch hat der Beklagte Zugriff zu der Datei. Es bleibt unklar, welche Handlungen des Beklagten durch Zwangsgeld gem. § 888 ZPO zu vollstrecken wären.
Der Klageantrag zu 2. ist zum anderen auch unbegründet, da ein Zurückziehen der Äußerungen für den Beklagten unmöglich ist. Der Beklagte hat ausreichend dargelegt, dass der Portalbetreiber der Internetseite nicht Willens ist, diese Äußerung auf Bitten des Beklagten zu löschen. Dies ist ausreichend durch die E-Mail der Firma Holidaycheck AG vom 08.01.2008, Anlage B 3, Blatt 63 der Akte dargelegt. Auf den Beweisantrag auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 14.02.2008 war nicht zu erkennen, da dieser lautete, die Absenderin der E-Mail der Firma Holidaycheck AG als Zeugin darüber zu benennen, dass wahrheitswidrige und herabwürdigende Beiträge gelöscht würden. Ein Portalbetreiber ist verpflichtet, strafrechtlich und zivilrechtlich unzulässige Beiträge zu löschen. Hierunter fallen wahrheitswidrige und herabwürdigende Beiträge im Sinne einer Schmähkritik. Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt, sodass das genannte Beweisthema unerheblich ist.
Da eine Verpflichtung des Beklagten aus den Klageanträgen zu 1. und 2. nicht bestand, konnte er auch nicht in Verzug mit der Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren geraten.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
gez. Habermeier
Richterin am Amtsgericht
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 4.000 € festgesetzt.
gez. Habermeier
Richterin am Amtsgericht
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