"BUNTE" ./. "BUNTE FREIZEIT"

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

21. 10. 2008


Aktenzeichen

33 O 7736/08


Tenor

  1. Die Einstweilige Verfügung vom 08.05.2008 wird bestätigt.

  2. Die Antragsgegnerin trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Antragsstellerin macht gegen die Antragsgegnerin wegen der Verwendung der Bezeichnung "BUNTE FREIZEIT" für Zeitschriften kennzeichen-, hilfsweise wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche im einstweiligen Rechtsschutz geltend.

Die Antragsstellerin ist ein Tochterunternehmen des Medienkonzerns Hubert Burda Media, welches seit Jahrzehnten unbestritten sehr erfolgreich das People-Magazin "BUNTE" herausgibt. Die Bezeichnung "BUNTE" ist für die Burda Media - ein weiteres Unternehmen des Medienkonzerns Hubert Burda Media - unter anderem durch die deutsche Wortmarke Nr. 1015307 "BUNTE", angemeldet am 18.01.1980, eingetragen am 11.03.1981, markenrechtlich für "Zeitschriften" und "Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitschriften" geschützt (Anlage ASt 3). Die Antragsstellerin nutzt diese Marke im Rahmen einer ausschließlichen Konzernlizenz und ist von der Markeninhaberin ermächtigt, im eigenen Namen Rechtsverstöße gegen die Marken- und Titelrechte abzumahnen und wegen dieser Verletzungen gerichtliche Schritte einzuleiten.

Die von der Antragsstellerin unter dem Titel "BUNTE" herausgegebene Zeitschrift erscheint wöchentlich und befasst sich mit Themen rund um Prominente, Stars und Politiker. Zuletzt (Stand Mai 2008) erreichte die Zeitschrift eine verkaufte Auflage von über 700.000 Exemplaren und damit in der Gesamtbevölkerung fast 4 Millionen Leser. Daneben betreibt die Antragsstellerin das Internetportal www.bunte.de, welches monatlich 1,1 Millionen Nutzer durchschnittlich hat.

Die Antragsgegnerin ist ein Verlagshaus, welches mit denen der Hubert Burda Media konkurriert. Durch ihre Prozessbevollmächtigen ließ sie am 15.04.2008 in "Der Titelschutzanzeiger" Nr. 869 eine Titelschutzanzeige für den Titel "BUNTE FREIZEIT" schalten (Anlage ASt 2).

Auf die daraufhin erfolgte Abmahnung der Antragsstellerin vom 16.04.2008 (Anlage ASt 9), übersandte die Antragsgegnerin im Rahmen des darauffolgenden Schriftwechsels mit Schreiben vom 06.05.2008 die beabsichtigte Titelgestaltung einer Zeitschrift unter Verwendung des Titels "BUNTE FREIZEIT" (Anlage ASt 12, auf die ergänzend Bezug genommen wird).

Auf Antrag der Antragsstellerin vom 07.05.2008 hat die erkennende Kammer am 08.05.2008 die auf Bl. 16 / 19 d.A. befindliche Beschlussverfügung erlassen und mit dieser der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,

"im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Zeitschriften unter der Bezeichnung "BUNTE FREIZEIT" anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder bringen zu lassen, zu besitzen und/oder die Bezeichnung auf Zeitschriften anzubringen, insbesondere wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht:

Gegen diese der Antragsgegnerin am 14.05.2008 zugestellte einstweilige Verfügung hat diese mit Schriftsatz vom 02.06.2008 Widerspruch eingelegt, den sie mit Schriftsatz vom 11.08.2008 begründet hat.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, der Antragsstellerin stehe der tenorierte Unterlassungsanspruch nicht zu. Es bestehe keine kennzeichenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen.

Da bei Kombinationszeichen nach der Rechtsprechung auf den Gesamteindruck abzustellen sei und es grundsätzlich verwehrt sei, aus dem angegriffenen Titel ein Element herauszugreifen und allein dessen Übereinstimmung mit der Klagemarke festzustellen, sei vorliegend selbst bei Fokussierung auf die Wortfolge "Bunte Freizeit" (ohne die konkrete bildliche Darstellung) keine Verwechslungsgefahr zu erkennen, da sich der angegriffene Titel optisch und akustisch bereits durch seine Mehrwörter deutlich von der Klagemarke abgrenze. Zudem bestünden signifikante Unterschiede zwischen der jeweiligen Sinnhaftigkeit der Zeichen, so dass das Wort "Bunte" im angegriffenen Titel aufgrund seiner beschreibenden Anklänge und der grammatikalischen Stellung in seiner Bedeutung gegenüber dem Element "Freizeit!" insoweit in den Hintergrund trete, als die angegriffene Wortkombination zu einem Gesamtbegriff und einer Sinneinheit verschmelze.

Es sei dabei auch die Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Marken und Titeln bei Zeitschriften zu berücksichtigen. Dabei sei zu beachten, dass der Verkehr an eine Vielzahl nebeneinander bestehender ähnlicher Titel mit häufig beschreibendem Anklang gewöhnt sei. Vor dem Hintergrund, dass der angegriffene Titel auf die empfundene Sehnsucht nach mehr Freizeit abziele und insgesamt - unterstützt durch das Adjektiv "bunte" - ein positives Lebensgefühl vermitteln solle, handele es sich bei "Bunte Freizeit!" um einen phantasievollen Gesamttitel, der nicht auf den Bestandteil "bunte" verkürzt werden könne.

Zudem sei eine Verwechslungsgefahr auch wegen der sich konkret gegenüberstehenden unterschiedlichen optischen Gestaltung zu verneinen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die angebliche und bestrittene Bekanntheit der klägerischen Wortmarke jedenfalls untrennbar mit der besonderen optischen und farblichen Ausgestaltung verknüpft sei; der Schriftzug der Marke zeichne sich durch ein Rechteck in einem kräftigen Rot als Hintergrund aus, und dieses Signalrot werde von den relevanten Verkehrskreisen unmittelbar mit der Marke der Antragsstellerin in Verbindung gebracht. Dagegen habe die Antragsgegnerin eine vollkommen unterschiedliche Gestaltung in Bezug auf Farbgebung und Schrifttype gewählt.

Hinzu komme, dass in der Verwendung eines Kennzeichens als Werktitel bereits grundsätzlich keine rechtsverletzende Markennutzung zu sehen sei, da dieser nicht als Herkunftshinweis verstanden werde.

Da auch keine Titelähnlichkeit gegeben sei, könne der Anspruch auch nicht aus Werktitelrecht hergeleitet werden. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche seien ebenfalls zu verneinen. Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 8. Mai 2008 (Az.: 33 O 7736 / 08) aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragsstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 08.05.2008 (Az.: 33 O 7736 / 08) zu bestätigen.

Die Antragsstellerin bleibt bei ihrer Rechtsauffassung, dass der in der Beschlussverfügung tenorierte Unterlassungsanspruch aus Markenrecht, hilfsweise aus Werktitelrecht und höchsthilfsweise aus Wettbewerbsrecht gegeben sei. Aufgrund der jahrzehntelangen und umfassenden Verwendung des Titels und der Marke "BUNTE" sei eine wesentliche Steigerung der Kennzeichnungskraft des Kennzeichens der Antragsstellerin eingetreten. Es handele sich um eine für Zeitschriften bekannte Marke. Im Hinblick auf die bestehende Produktidentität und angesichts des Umstands, dass das Zeichen "BUNTE" vollständig und im einzig kennzeichenprägenden Bestandteil im angegriffenen Zeichen enthalten sei, sei unmittelbare Verwechslungsgefahr gegeben. Diese sei jedenfalls unter Berücksichtigung der "Thomson Life" - Rechtsprechung zu bejahen, da dem Bestandteil "BUNTE" auch im angegriffenen Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. Dadurch entstehe zumindest der Eindruck, dass die beiden Zeitschriften aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammten. Zudem verfüge die Antragsstellerin über ein Serienzeichen mit dem Bestandteil "BUNTE". Der angegriffene Titel reihe sich ohne weiteres in diese Serie ein.

Hilfsweise könne die Antragsstellerin sich aber auch auf Werktitel- und Wettbewerbsrecht stützen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 21.10.2008 sowie die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe

Der zulässige Widerspruch ist unbegründet. Die einstweilige Verfügung vom 08.05.2008 erwies sich als rechtmäßig, da Verfügungsanspruch und -grund nach wie vor gegeben sind. Die Beschlussverfügung war somit gemäß §§ 925, 936 ZPO zu bestätigen.

1. Der Verfügungsanspruch folgt aus § 14 V, Ir Nr. 2 MarkenG, da zwischen der Klagemarke und dem angegriffenen Zeitschriftentitel Verwechslungsgefahr besteht. Ob der Anspruch daneben auch auf Werktitel- und loder Wettbewerbsrecht gestützt werden kann, kann offen bleiben.

1. Die Antragsstellerin ist gemäß § 30 III MarkenG aktivlegitimiert und kann gegen das streitgegenständliche Zeichen "BUNTE FREIZEIT" aus der Klagemarke Nr. 1015307 "BUNTE" vorgehen. Dem steht nicht entgegen, dass aus dieser Marke die Verwendung dieser Bezeichnung für Zeitschriften und damit (auch) als Titel einer Zeitschrift verboten werden soll. Zwar wird u.a. in Ströbele / Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 14 Rdnr. 108 die Auffassung vertreten, dass eine Verletzung einer Marke bei Verwendung eines Zeichens als Werktitel mangels Vorliegens eines betrieblichen Herkunftshinweises grundsätzlich nicht anzunehmen sei (einschränkend Ingerl / Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 14 Rdnr. 111, 112). Dies gilt aber auch nach Ströbele / Hacker nur dann, wenn dem Titel tatsächlich keine Herkunftsfunktion zukommt, was jedoch z.B. bei regelmäßig erscheinenden Zeitschriften der Fall ist: denn bei diesen dient der Titel der Zeitschrift ersichtlich nicht nur der Unterscheidung von anderen Zeitschriftentiteln, sondern hat zugleich herkunftshinweisende Funktion und kann daher kennzeichenrechtlich mit älteren Markenrechten kollidieren.

Dementsprechend ist der von der Antragsgegnerin beabsichtigte Zeitschriftentitel zumindest auch als markenmäßige Verwendung für die Ware "Zeitschriften" anzusehen, so dass er bei bestehender Verwechslungsgefahr mit der Klagemarke zu untersagen ist.

2. Die für den geltend gemachten markenrechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 II Nr. 2 MarkenG zwischen "BUNTE" und "BUNTE FREIZEIT" besteht.

a) Das Zeichen "BUNTE" verfügt angesichts des jahrzehntelangen Erscheinens der gleichnamigen Zeitschrift aus dem Hause der Antragsstellerin und der unstreitigen Auflagenstärke und der damit verbundenen Bekanntheit jedenfalls dieser Zeitschrift zumindest über eine deutlich gesteigerte Kennzeichnungskraft für "Zeitschriften". Diese ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht allein auf den Werktitel beschränkt oder an eine konkrete farbliche und schriftbildliche Gestaltung geknüpft, sondern kommt im Hinblick auf die Tradition und die Bedeutung der unter Verwendung des Zeichens "BUNTE" erscheinenden Zeitschrift auch der Wortmarke selbst zu.

b) Bei der bestehenden Warenidentität genügt der Abstand zwischen den Zeichen "BUNTE" einerseits und "BUNTE FREIZEIT" andererseits nicht, um eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr zu beseitigen.

(i) Wegen der dargestellten hohen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und angesichts dessen, dass der Bestandteil "Freizeit" im angegriffenen Zeichen rein beschreibend für den Inhalt einer Zeitschrift verstanden wird, wird der Zeichenbestandteil "BUNTE" des Verletzerzeichens als der allein prägende Bestandteil angesehen. Die Zielsetzung der Antragsgegnerin, dass der Begriff "Freizeit" beim angesprochenen Verkehr "positive Emotionen" ansprechen und "Sehnsüchte" wecken soll, steht dem nicht entgegen: der Begriff bleibt auch im Erfolgsfall dieser Zielsetzung aus Sicht des Lesers eine beschreibende und zudem gewöhnliche Angabe des Inhalts und / oder des Zeitpunkts, zu dem er die Zeitschrift lesen könnte. Der Bestandteil "BUNTE" hingegen verliert aufgrund der Bekanntheit der gleichnamigen Zeitschrift der Antragsstellerin auch in der Kombination mit dem Wort "Freizeit" nichts von seiner kennzeichnenden Wirkung, auch wenn er vorliegend als Adjektiv verwendet wird.

(ii) Jedenfalls aber ist vorliegend - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (GRUR 2005, 1042 ff - THOMSON LIFE) - von einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne auszugehen: Wegen der Bekanntheit der Zeitschrift "BUNTE" und der Kombination mit dem gewöhnlichen Begriff "Freizeit" besteht die Gefahr, dass der angesprochene Verkehr annehmen wird, es handele sich bei einer als "BUNTE FREIZEIT" gekennzeichneten, regelmäßig erscheinenden Zeitschrift um eine besonders auf Freizeitthemen ausgerichtete Spezialausgabe aus dem Hause der Antragsstellerin oder einem mit ihr verbundenen Verlagshaus.

(iii) Auf die konkrete Gestaltung des angegriffenen Titels kommt es für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht an. Die von der Antragsgegnerin insoweit angeführte Rechtsprechung zu häufig vorkommenden Ähnlichkeiten bei unterschiedlichen Zeitschriftentiteln führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn diese hat vor allem insoweit Relevanz, als sie die Verwechslungsgefahr zwischen unterschiedlichen Werktiteln betrifft. Hier jedoch liegt aufgrund der dargestellten Verwechslungsgefahr die Verletzung einer Wortmarke für Zeitschriften vor: die vorliegenden Unterschiede in Farbe und Schriftbild waren nicht entscheidungserheblich, da Zeitschriften vom angesprochenen Verkehr auch unter bloßer Nennung des Titels gekauft werden, Quellenangaben und Empfehlungen regelmäßig ebenfalls nur unter Angabe des Titels (ohne graphische Ausgestaltung) erfolgen und da schließlich angesichts der dargestellten Bekanntheit der Zeitschrift "BUNTE" keine Gestaltung des Zeichens "BUNTE FREIZEIT" für eine Zeitschrift denkbar ist, die nicht zu der dargestellten markenrechtlichen Verwechslungsgefahr führen würde.

3. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Erstbegehungsgefahr liegt vor. Die Antragsgegnerin hat sowohl eine Titelschutzanzeige schalten lassen als auch bereits konkrete Pläne für eine entsprechend benannte Zeitschrift gefasst.

II. Auch ein Verfügungsgrund ist nach wie vor gegeben. Die Monatsfrist bei Antragsstellung ist eingehalten. Zudem ist offenkundig, dass die Antragsstellerin vor Erscheinen einer ihre Markenrechte verletzenden Zeitschrift ein berechtigtes Interesse an einer sie sichernden Eilentscheidung hat.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht.


Pecher
VorsRiLG

Dr. Heister
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Meinhardt
RiLG

Rechtsgebiete

Presserecht; Markenrecht