Keine Geldentschädigung neben Ordnungsmitteln

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

04. 11. 2008


Aktenzeichen

7 U 71/08


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Entscheidungsgründe


Gründe

gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 u. 2 ZPO:

1. Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin wegen der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Geldentschädigung in Höhe von EUR 40.000,-- nebst Zinsen zu zahlen.

Die Klägerin ist die minderjährige Tochter des bekannten ... . Die Beklagte verlegt u.a. die Zeitschriften ... und ... .
...

Das Landgericht hat zur Begründung seines Urteils ausgeführt, dass die Beklagte das Bildrecht der Klägerin wiederholt und hartnackig verletzt habe. Auch wenn die einzelnen Bildveröffentlichungen - jeweils für sich betrachtet - nicht als schwerwiegend einzustufen seien, stelle die wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgt sei, eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, die die Zuerkennung einer Geldentschädigung rechtfertige. Dem Geldentschädigungsanspruch stehe dessen Subsidiarität nicht entgegen, insbesondere könne die Klägerin nicht darauf verwiesen werden, Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Obwohl die Klägerin bereits diesbezüglich ein Pauschalverbot erwirkt habe, seien weitere Bilder veröffentlicht worden. Allerdings habe die Kammer bei der Höhe der zuerkannten Geldentschädigung berücksichtigt, dass dem Präventivgedanken der Geldentschädigung angesichts des bestehenden Pauschalverbots weniger Gewicht zukomme.

Die Beklagte bekämpft die Verurteilung mit der form- und fristgemäß eingereichten Berufung und macht dabei geltend, dass sie das Bildrecht der Klägerin nicht hartnackig verletzt habe. per vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall (BGH NJW 1996, 985 - "Kumulationsgedanke"), auf den sich das Landgericht bezogen habe, sei insoweit anders gelagert gewesen, als seinerzeit mehr als sieben rechtswidrige Bildveröffentlichungen im Raum gestanden hätten, die in insgesamt drei Zeitschriften innerhalb von drei Monaten erfolgt seien. Vorliegend könne von Hartnäckigkeit allein schon wegen des Zeitablaufs von knapp drei Jahren, der zwischen den ersten beiden "..."-Veröffentlichungen und den letzten in ... und ... liege, keine Rede sein. Es fehle zudem am schweren Verschulden, da bei den Bildveröffentlichungen im Juli 2007 einerseits die Gesichtszüge der Klägerin nicht abgebildet worden seien und andererseits die ... Berichterstattung nicht ... und die ...-Berichterstattung nicht ... zugerechnet werden könne. Schließlich fehle es angesichts des erwirkten Pauschalverbots und der verhängten Ordnungsgelder am unabwendbaren Bedürfnis für eine Geldentschädigung.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 11. Juli 2008 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

2. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung nicht zu.

Allerdings hat die Beklagte das Bildrecht der Klägerin in hartnackiger Weise verletzt. Der Beklagten ist ein hartnäckiges Verhalten vorzuwerfen, da sie mit der Veröffentlichung vom 4. Oktober 2008 (Anl. K 9) bereits zum dritten Mal in Folge nach Erlass des pauschalen Verbots vom 21. Januar 2005 in zeitlich kurzem Abstand das Bildrecht der Klägerin verletzte, obwohl zuvor bereits zweimal Ordnungsmittel verhängt worden waren. Dennoch liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung nicht vor. Es fehlt am unabwendbaren Bedürfnis für eine Geldentschädigung, da die Klägerin mit Urteil des Landgerichts vom 21.1.2005 (Anl. K 1) ein generelles Verbot erwirkte und damit die Möglichkeit hat, im Falle von Bildrechtsverletzungen Ordnungsmittel gegen die Beklagte festsetzen zu lassen.

Der Anspruch auf Geldentschädigung ist gegenüber anderen medienrechtlichen Ansprüchen subsidiär. Der Geldentschädigungsanspruch beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (BGH NJW 1996, 985, 987- "Kumulationsgedanke"). Er kommt deshalb nicht in Betracht, wenn andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um dem Schutz des Persönlichkeitsrechts gerecht zu werden und ihm zum Erfolg zu verhelfen.

Letzteres ist hier der Fall. Der Anspruch auf Geldentschädigung dient der Genugtuung des Opfers und der Prävention (BGH NJW 1995, 861, 865 - Caroline von Monaco 1.; NJW 1996, 985, 986f. - "Kumulationsgedanke"). Von der Höhe der Geldentschädigung soll zum einen ein echter Hemmungseffekt ausgehen, um den Betroffenen vor weiteren Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts zu schützen. Zum anderen soll im Falle von hartnäckigen Bildrechtsverletzungen der Betroffene Genugtuung dafür erfahren, dass sein Recht hartnäckig verletzt wurde und der Gegner sich bei der einwilligungslosen Veröffentlichung über den ihm ausdrücklich erklärten entgegenstehenden Willen hinweg gesetzt hat (BGH, NJW 1996, 985, 986 f. - "Kumulationsgedanke"). Beiden Gesichtspunkten wird im Ordnungsmittelverfahren, das der Klägerin vorliegend zur Verfügung steht und von dem sie - abgesehen bezüglich der Veröffentlichung vom 4.10.2008 - bereits Gebrauch gemacht hat, in hinreichendem Maße Rechnung getragen.

Der Ordnungsmittelrahmen des § 890 ZPO sieht Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,-- bzw. Ordnungshaft bis zu zwei Jahren vor, so dass der Klägerin effektiver Schutz vor künftigen Bildrechtsverletzungen durch die Beklagte zur Verfügung steht. Soweit die Klägerin meint, dass neben der Verhängung von Ordnungsmitteln noch Raum für die Zuerkennung von Geldentschädigung bleibe, weil dem Ordnungsmittelverfahren keine Genugtuungsfunktion zukomme, da das Ordnungsgeld dem Staat zufließe, ist ihr nicht zu folgen. Im Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 ZPO, das strafrechtliche Elemente enthält (vgl. BVerfG NJW 1967, 195, 196; NJW 1981, 2457), ist neben der Schuld des Unterlassungsschuldners auch das Ausmaß der Beeinträchtigung des Gläubigers zu berücksichtigen, womit dem Gedanken der Genugtuung Rechnung getragen wird. Wie im Strafverfahren, in dem das Genugtuungsbedürfnis des Verletzten zwar keinen eigenständigen Strafzumessungsgrund bildet, aber die schuldangemessene Strafe insgesamt das Genugtuungsinteresse des Opfers erfüllt, erfahrt auch der Gläubiger des Ordnungsmittels durch die Verhängung eines schuldangemessenen Ordnungsmittels hinreichende Genugtuung. Für die Zuerkennung einer Geldentschädigung ist daneben - etwa für ein weitergehendes Genugtuungsbedürfnis - kein Raum mehr. Der Umstand, dass das Ordnungsgeld in die Staatskasse fließt, ändert hieran nichts. Im Übrigen steht vorliegend, da die Bildrechtsverstöße jeweils für sich genommen keine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung beinhalten, der Präventionsgedanke, dem das Ordnungsmittelverfahren in vollem Umfang Rechnung trägt, deutlich im Vordergrund.

Auch das weitere Berufungsvorbringen gibt keinen Anlass zu anderer Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.


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