Hehlerei und Betrug bei eBay-Verkauf
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
27. 08. 2008
Aktenzeichen
2 StR 329/08
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 29. Januar 2008, soweit es den Angeklagten Sch. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit eine Verurteilung wegen versuchten oder vollendeten Betrugs zum Nachteil der Käufer unterblieben ist,
b) im gesamten Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 34 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrem zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, bei sachgerechter Auslegung auf den unterbliebenen Schuldspruch wegen (versuchten) Betrugs zum Nachteil der Käufer sowie auf den Strafausspruch beschränkten Rechtsmittel die Verletzung materiellen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg.
1. Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte in 34 Fällen Topfsets, Messerblöcke und -sets und weitere Küchengeräte, die der bereits rechtskräftig verurteilte Z. zuvor – wie der Angeklagte wusste – aus dem Hochregallager der Firma F. entwendet hatte. Hierdurch wollte er sich eine fortlaufende Einnahmequelle von erheblichem Umfang verschaffen. Er veräußerte die angekauften Waren einzeln mit Gewinn über das Internet-Auktionsportal eBay.
2. Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 34 Fällen ist wegen der wirksamen Beschränkung der Revision (vgl. Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 318 Rdn. 9 f. m.w.N.) rechtskräftig. Das Landgericht hat im Rahmen der rechtlichen Würdigung des Weiteren zutreffend erkannt, dass die Käufer gemäß § 935 Abs. 1 Satz 1 BGB kein Eigentum an den gestohlenen Waren erlangen konnten; es hat gemeint, dass einem zumindest versuchten Betrug im Konkurrenzweg keine eigenständige Bedeutung zukomme. Dies ist rechtsfehlerhaft.
a) Insbesondere liegt keine mitbestrafte Nachtat vor. Hierbei handelt es sich um eine selbständige, den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllende rechtswidrige und schuldhafte Handlung, durch die der Täter den Erfolg der Vortat oder die durch diese erlangte Position sichert, ausnutzt oder verwertet. Sie bleibt straflos, wenn die Bewertung des konkreten Sachverhalts ergibt, dass dieser nachfolgenden, an sich strafbaren Handlung wegen ihres inneren - funktionalen - Zusammenhangs mit der (Vor-)Haupttat kein eigener Unwertgehalt zukommt, so dass auch kein Bedürfnis besteht, sie neben der Haupttat selbständig zu bestrafen (Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. vor § 52 Rdn. 151). Voraussetzung für die Straflosigkeit der Nachtat ist, dass die Geschädigten der beiden Straftaten identisch sind, die Nachtat kein neues Rechtsgut verletzt und der Schaden qualitativ nicht über das durch die Haupttat verursachte Maß hinaus erweitert wird (BGHSt 5, 295, 297; 6, 67, 68; BGH NStZ 1987, 23; 2008, 396; Rissing-van Saan aaO vor § 52 Rdn. 153).
b) Hier hat der Angeklagte mit dem Ankauf des Diebesguts die bestohlene Firma F. (weiter) geschädigt (zum Rechtsgut des Hehlereitatbestands vgl. Fischer StGB 55. Aufl. § 259 Rdn. 1). Den versuchten oder vollendeten Betrug hat er jedoch zum Nachteil der Käufer des gestohlenen Küchenzubehörs begangen und damit jeweils einen anderen Rechtsgutsträger verletzt. Damit hat er zugleich einen weiteren Schaden über das durch die Haupttat verursachte Maß hinaus herbeigeführt.
c) Zwischen der gewerbsmäßigen Hehlerei einerseits und dem (versuchten) Betrug andererseits besteht - entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - Tatmehrheit (vgl. BGH bei Holtz MDR 1988, 278; NStZ 2001, 138 f.; Urt. vom 21. Mai 1996 – 1 StR 125/96, insoweit in NStZ 1996, 495 nicht abgedruckt; Lauer in MünchKomm/StGB § 259 Rdn. 123). Die Veräußerung des Diebesguts ist von der erhobenen Anklage umfasst.
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt daher insoweit zur Aufhebung des Urteils, als das Landgericht eine Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten oder vollendeten Betrugs zum Nachteil der Käufer wegen der irrigen Annahme von Gesetzeskonkurrenz unterlassen hat. Einer Änderung des Schuldspruchs durch den Senat steht bereits die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO entgegen. Das Landgericht wird die insoweit erforderlichen Feststellungen zu treffen und gegebenenfalls selbständige Einzelstrafen zu verhängen sowie eine neue Gesamtstrafe zu bilden haben.
Schon um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zur umfassenden und ausgewogenen Neufestsetzung aller Strafen zu geben, hat der Senat auch die für die 34 Fälle der gewerbsmäßigen Hehlerei verhängten Einzelstrafen aufgehoben.
4. Der neu entscheidende Tatrichter wird auch zu prüfen haben, ob zwischen Anklageerhebung und Urteil eine der Justiz anzulastende Verfahrensverzögerung eingetreten ist, die einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK darstellt und eine Kompensation erfordert, welche im Wege des Vollstreckungsmodells (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07 = NJW 2008, 860 f.) vorzunehmen wäre.
Rissing-van Saan Rothfuß Fischer
Appl Cierniak
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