Parkverbot gegenüber Grundstücksausfahrt auf schmaler Fahrbahn

Gericht

OLG Saarbrücken


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

25. 02. 1994


Aktenzeichen

Ss (Z) 227/93


Leitsatz des Gerichts

Eine Fahrbahn ist im Sinne des § 12 III Nr. 3 StVO dann schmal, wenn die Grundstückseinfahrt oder -ausfahrt wegen eines gegenüber geparkten Fahrzeugs nicht mehr unter nur mäßigem Rangieren möglich ist. Ein einmaliges Rangieren ist dem die Ein- oder Ausfahrt benutzenden Kraftfahrer dabei zumutbar.

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Die Betr. parkte ihren Pkw ca. 10 Min. lang auf einer 5,05m breiten Straße gegenüber der Garagenzufahrt des Zeugen. Dieser wurde beim Ausfahren aus der Garage in der Weise behindert, daß er nicht in einem Zug, sondern nur durch "mindestens einmaliges" Rangieren in die Straße einbiegen konnte.

Das AG hat die Betr. wegen fahrlässigen unzulässigen Parkens gegenüber einer Grundstücksausfahrt (§§ 12 III Nr. 3, 49 I Nr. 12 StVO, § 24 StVG) zu einer Geldbuße von 30 DM verurteilt. Die gem. § 80 II Nr. 1 OWiG - antragsgemäß - zugelassene Rechtsbeschwerde der Betr. führte zum Freispruch.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

... III. ... Gem. § 12 III Nr. 3 StVO ist Parken nicht nur vor Grundstücksein- oder ausfahrten, sondern auf schmalen Fahrbahnen auch ihnen gegenüber unzulässig. Wann eine Fahrbahn in diesem Sinne schmal ist, beurteilt sich in erster Linie nicht danach, welche Breite in Metern gerechnet sie besitzt.

Rechtsprechung und Schrifttum stimmen darin überein, daß das, was eine schmale Fahrbahn ist, nach Sinn und Zweck der Vorschrift, in die der Begriff aufgenommen ist, auszulegen ist (OLG Frankfurt, VRS 58, 369 (370) = StVE § 12 StVO Nr. 21; OLG Karlsruhe, VRS 55, 249 (250); Mühlhaus/Janiszewski, StVO, 13. Aufl., § 12 Rdnr. 49). Der Zweck des § 12 III Nr. 3 StVO ist darin zu sehen, daß demjenigen, der eine Grundstücksein- oder ausfahrt bestimmungsgemäß benutzen will, dies gewährleistet wird und Berechtigte vor Beeinträchtigung dieser Nutzung geschützt werden, die von gegenüber parkenden Verkehrsteilnehmern ausgehen können (OLG Frankfurt, OLG Karlsruhe, jew. aaO).

Allerdings kann nicht generell jede Beschränkung durch gegenüber parkende Fahrzeuge ein tatbestandserfüllendes Verhalten des Parkenden zur Folge haben, so daß schon dann, wovon das AG in Anlehnung an OLG Karlsruhe (aaO) ausgeht, ein Verstoß gegen § 12 III Nr. 3 StVO gegeben wäre, wenn dem Ein- bzw. Ausfahrenden wegen des gegenüber parkenden Fahrzeugs nicht möglich ist, die Fahrt in einem Zug ohne Rangiermanöver durchführen zu können. Diese Auffassung vermag der Senat nicht zu teilen. Sie stellt zu sehr das Interesse des die Grundstücksausfahrt benutzenden Kraftfahrers an unbeeinträchtigter Ein- oder Ausfahrt in den Vordergrund und berücksichtigt zu wenig die Interessen anderer parkraumsuchender Verkehrsteilnehmer, denen dies angesichts noch zunehmender Parkraumnot gerade innerorts mehr und mehr erschwert wird. Rechtsprechung und Schrifttum sind unter Abwägung der widerstreitenden Interessenlage überwiegend zu der Auffassung gelangt, daß Benutzer von Ein- und Ausfahrten gewisse Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen und deshalb auch hinnehmen müssen, durch ein gegenüber der Einfahrt parkendes Fahrzeug zu mäßigem Rangieren gezwungen zu werden (OLG Frankfurt, VRS 58, 369 = StVE § 12 StVO Nr. 21; OLG Hamm, VRS 55, 459 = StVE § 12 StVO Nr. 14; KG, VRS 48, 464; Mühlhaus/Janiszewski, § 12 Rdnr. 49; Rüth, in: Rüth/Berr/Berz, StraßenverkehrsR, 2. Aufl., § 12 StVO Rdnr. 69; Jagusch/Hentschel, StraßenverkehrsR, 32. Aufl., § 12 StVO Rdnr. 47). Schmal i.S. des § 12 III Nr. 3 StVO ist eine Fahrbahn demzufolge dann, wenn die Ein- oder Ausfahrt wegen eines gegenüber parkenden Fahrzeugs nicht mehr unter nur mäßigem Rangieren möglich ist.

Der Senat schließt sich der herrschenden Auffassung, mit der ein vernünftiger, sachgerechter Ausgleich zwischen den aufgeführten verschiedenen Interessenlagen von Verkehrsteilnehmern gefunden und damit auch dem Zweck der Vorschrift des § 12 III Nr. 3 StVO entsprochen ist, an. Er sieht sich darin auch deshalb bestärkt, weil die angeführten obergerichtlichen Entscheidungen vor deutlich mehr als zehn Jahren ergangen sind und die seither infolge beträchtlicher Zunahme des Kraftfahrzeugbestandes noch um einiges schlechter gewordene Parkraumsituation der Interessenlage der davon betroffenen Verkehrsteilnehmer zusätzliches Gewicht verleiht.

IV. Nach alledem konnte vorliegend die Verurteilung der Betr. wegen des ihr angelasteten Parkverstoßes keinen Bestand haben, da ihr Verhalten nicht tatbestandserfüllend ist. Die Ausfahrt des Zeugen aus der Garage war durch den gegenüber geparkten Pkw lediglich in der Weise beeinträchtigt, daß er - davon ist nach den Urteilsfeststellungen zugunsten der Betr. auszugehen - ein einmaliges Rangiermanöver durchführen mußte, um sie zu vollenden. Dies stellt nicht mehr als eine für ihn hinnehmbare Unbequemlichkeit dar ...

V. Eine Vorlage der Sache gemäß § 121 II GVG an den BGH wegen eventuellen Abweichens von der Entscheidung des OLG Karlsruhe (VRS 55, 249) kam schon deshalb nicht in Betracht, weil die genannte Entscheidung in einer Zivilrechtssache ergangen ist und deshalb keine Pflicht zur Vorlegung auslösen kann (vgl. Salger, in: KK-StPO, 2. Aufl., § 121 GVG Rdnr. 19).

Rechtsgebiete

Straßenverkehrs- und Straßenrecht

Normen

StVO § 12 III Nr. 3