An dieser Stelle haben wir schon öfters beschrieben, warum aufgrund des Dezisionismus Gerichte immer häufiger so entscheiden, dass sehr viele Nicht-Juristen, aber auch Juristen die Entscheidungen als ungerecht empfinden. Siehe bitte auf dieser Homepage bei „Suche” unter „Dezisionismus” und „Gerechtigkeit”. Diese problematische Rechtsprechung wird jetzt durch eine weitere Fehlerquelle vermehrt; - durch die Anwendung des neuen Zivilprozessrechts durch den Bundesgerichtshof. Über zwei eklatante Beispiele berichtet heute ein beim BGH tätiger Rechtsanwalt (von Mettenheim) in der F.A.Z.:

- Zum gleichen Problem waren drei Verfahren beim BGH anhängig. Zum ersten Verfahren stellte der BGH fest, dass es sich um ein Problem von grundsätzlicher Bedeutung handele, und dass die Vorinstanz falsch entschieden habe. Dementsprechend hob er das vorinstanzliche Urteil auf. Im zweiten und dritten Verfahren meinte der BGH, er habe die Rechtslage ja im ersten Verfahren geklärt, deshalb seien die beiden weiteren Verfahren nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung und folglich könne der BGH die Revisionen zu diesen beiden Verfahren nicht zulassen. Der BGH hat somit selbst in Fällen dieser Art bewusst falsche Urteile rechtskräftig bestehen lassen. Az.: IV ZR 39/03.
- Zu einem anderen Rechtsstreit (mit anderen Rechtsproblemen) stellte der BGH fest, das vorinstanzliche Urteil sei gleich doppelt fehlerhaft: Der eine Fehler betreffe eine Grundsatzfrage, der andere Fehler sei nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Also ganz einfach? Da das Urteil wegen eines Fehlers von grundsätzlicher Bedeutung und darüber hinaus auch noch wegen eines weiteren Fehlers falsch ist, muss das vorinstanzliche Urteil selbstverständlich aufgehoben werden? Weit gefehlt. Der BGH hat die Revision nicht zugelassen und das auch nach seiner Ansicht doppelt falsche Urteil rechtskräftig bestehen lassen. Die Logik des BGH: Weil das vorinstanzliche Urteil nicht nur wegen eines Fehlers von grundsätzlicher Bedeutung, sondern zusätzlich wegen eines weiteren Fehlers falsch sei, sei der Fehler zur Grundsatzfrage nicht entscheidungserheblich und deshalb lasse er das doppelt falsche Urteil rechtskräftig bestehen. Der BGH hätte dagegen das vorinstanzliche Urteil aufgehoben, wenn das Urteil nicht auch noch zusätzlich fehlerhaft gewesen. Az.: V ZB 72/02.

Früher schon haben wir zu Rechtsprechung dieser Art angemerkt: Zeitschriften und Zeitungen wie FOCUS, SPIEGEL und BILD könnten zwar mit klarer Sprache aufrütteln. Aus redaktionell-wirtschaftlichen Gründen sind ihre Möglichkeiten, diese Probleme aufzugreifen, jedoch beschränkt.