„Köstlichkeiten aus dem Spreewald” und „Original Spreewälder Gurken” dürfen nach einem neuen Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg auch (Gurken-)Konserven bezeichnet werden, die nicht im Spreewald hergestellt worden sind. Es reicht aus, dass das verarbeitete Erzeugnis zu mehr als 70 % aus Gurken besteht, die aus dem Wirtschaftraum Spreewald stammen; eine Verordnung erlaubt für diesen Fall solche Hinweise auf Spreewälder Gurken.
Das OLG Hamburg nimmt an, dass diese Verordnung auch dann noch gilt, wenn ein erheblicher Teil der Verbraucher irregeführt wird und deshalb dem Grundsatz nach das Irreführungsverbot des § 3 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb und das markenrechtliche Irreführungsverbot greifen.
Wörtlich führt das Urteil in seinen Entscheidungsgründen aus:
„...Vielmehr kann eine Abwägung der vielschichtigen Interessen, die durch die Irreführungsvorschriften geschützt sind, ergeben, dass eine tatsächliche - für beachtliche Verkehrskreise relevante - Irreführungsgefahr aus besonderen Gründen hinzunehmen ist. Eine solche besondere Fallgestaltung liegt dann vor, wenn die Verwendung einer möglicherweise irreführenden Angabe gesetzlich zulässig ist..., auch wenn ein nicht unerheblicher Teil der betroffenen Verkehrskreise die Bezeichnung in einem anderen als dem gesetzlich festgelegten Sinne versteht. So liegt der Fall auch hier.”
Az.: 3 U 156/98 (das Urteil bezieht sich ergänzend auf sein nun 30 Jahre altes Urteil „Prädikatssekt”). Anmerkung: Das Urteil befasst sich nicht damit, ob die Verordnung nach dem rechtsmethodischen Grundsatz der teleologischen Reduktion für den Fall der Irreführung einschränkend ausgelegt werden muss. Es erwähnt nicht, dass dieser rechtsmethodische Grundsatz existiert und allgemein anerkannt wird. Auf diesen Grundsatz einzugehen, war umso mehr veranlasst, als die Verordnung nach ihrem Artikel 13 I c alle Praktiken vermeiden will, „die geeignet sind, das Publikum über den wahren Ursprung des Erzeugnisses irrezuführen”. Das Urteil erwähnt diesen Artikel zwar, - jedoch nur, um ein „umfassendes kollektives Ausschließlichkeitsrecht zum Schutze von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen” zu begründen.
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