Es genügt grundsätzlich nicht, nur nachzuweisen, dass das Gerücht existiert. Das Brandenburgische Oberlandesgericht - Az.: 1 U 6/02 - beurteilte eine im Wahlkampf verbreitete E-Mail:
„Von Seiten der PDS ist mir glaubhaft zu Ohren gekommen...”.
Das Gericht urteilte (alle Hervorhebungen von uns):
„Hierbei handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung, und zwar sowohl in Bezug auf die Existenz des Gerüchts als auch in Bezug auf dessen Inhalt....Dem Betroffenen muss es möglich sein, sich gegen die Verbreitung unwahrer Gerüchte zur Wehr zu setzen. Hieran wäre er aber gehindert, würde es genügen, dass der Äußernde nur die Wahrheit der Existenz des Gerüchts oder Verdachts dartun müsste, nicht aber auch die Wahrheit des Inhalts.”
Gleich anschließend geht das Gericht noch auf die - im entschiedenen Fall aber nicht erfüllte - Ausnahme ein: „Nur wenn an seiner (des Gerüchts) Darstellung ein öffentliches Interesse besteht und sich der Äußernde hireichend deutlich davon distanziert, beschränkt sich der tatsächliche Gehalt der Äußerung auf die Existenz des Gerüchts. Andernfalls umfasst die Äußerung aus Sicht des Empfängers zugleich die - verdeckte - Behauptung, dass das 'Gerücht' 'wahr' oder 'doch zumindest etwas Wahres daran' sei.” Das neue Heft (4 - 2003) der Fachzeitschrift AfP hat dieses Urteil soeben schon veröffentlicht.
Anmerkung für die Studierenden: Eine Unsicherheit bleibt allerdings, - auch bei allen Vorgängerurteilen und bei den zustimmenden Äußerungen in der Fachliteratur:
Ob Behauptungen über Gerüchte so aufgefasst werden, wie es das Urteil annimmt, wurde bislang noch nie nachgewiesen. Die Gerichte haben diesen Sachverhalt nur unterstellt. Nach den Erfahrungen des Verfassers dieser Zeilen fasst der eine Leser die Behauptung so auf, wie es das Gericht unterstellt hat, der andere Leser fasst soche Berichte dagegen lediglich wortgetreu auf. Mit dieser Problematik der Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit für das Presserecht befassen sich die Gerichte bislang nur ansatzweise. Informieren können Sie sich zu diesen neuen Themen hier in unserem Internetauftritt in der Bibliothek, vor allem in den Abteilungen Rechtstheorie und Wettbewerbsrecht. Über das insoweit weltweit fortschrittlichste presserechtliche Urteil haben wir in dieser Rubrik „Das Neueste..” am 5. Februar 2003 berichtet. Siehe bitte hier im Archiv.