fragt Horst Schilling im Rahmen seiner ständigen Berichterstattung über den Presserat im neuen Heft 3/2003 der „Internationalen Fachzeitschrift für Journalismus message”. Der Hintergrund - nach der Meinung des Verfassers dieser Zeilen:
Der Verdacht besteht für einzelne Fallgruppen schon immer. Unmittelbarer Anlass war, dass sich die Fälle mehren, in denen anwaltlich vertretene Beschwerdeführer sowohl bei Gericht klagen als sich beim Presserat beschweren und sich regelmäßig vergleichen. Zum Vergleich gehört dann stets, dass die beim Presserat eingelegte Beschwerde zurückgenommen wird.
Instrumentalisiert kann der Presserat in diesen Fällen dadurch werden, dass die Redaktion eine Maßnahme des Presserats, insbesondere eine Rüge, genauso oder meist noch mehr scheut als ein gerichtliches Urteil. So gerät die Redaktion durch eine Beschwerde beim Presserat stärker unter Druck und ringt sich eher zu einem Vergleich durch.
Das Problem wurzelt tief, nämlich in einer Vielfachbestrafung der Presse. Das Instrumentarium gegen die Presse ist in Deutschland erheblich breiter als beispielsweise in den U.S.A.. In Deutschland drohen einer Redaktion zu einer einzigen Aussage:
Gegendarstellung plus Richtigstellung oder Widerruf, ein Unterlassungsanspruch, Schadensersatz, eine Urteilsveröffentlichung und eine Maßnahme nach dem Strafgesetzbuch und zusätzlich dann aber auch noch eine Maßnahme des Presserats mit entsprechender Verbreitung in einer Pressemitteilung des Presserats. Diese Pressemitteilung greifen die Nachrichtenagenturen und die einzelnen Medien auf.
Sicher, das eine sind die Rechtsnormen, und der Presserat urteilt nicht nach rechtlichen, sondern nach ethischen Normen. Aber es stellt sich dennoch die Frage, ob es gerechtfertigt ist, auch dann, wenn Betroffene das umfangreiche rechtliche Instrumentarium gegen die Presse einsetzen, zusätzlich die berufsethischen Grundsätze und Maßnahmen anzuwenden.
Diese Frage wird bislang nicht diskutiert.