BGH, Beschluss vom 26. Januar 2017 - IX ZB 34/16
Ein Rechtsanwalt darf nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen erwarten, dass einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist dann entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO), wie Arbeitsüberlastung oder Urlaubsabwesenheit, anwaltlich glaubhaft gemacht wird.
Für die Praxis besonders wichtig ist:
Er muss sich nicht vergewissern, ob seinem erstmaligen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist stattgegeben wurde, wenn er nach dem Inhalt der mitgeteilten Gründe auf eine Verlängerung vertrauen durfte.
Wie sich das Berufungsgericht im entschiedenen Fall praxisfremd verhalten hat, wird jeden einigermaßen erfahrenen Richter oder Rechtsanwalt verwundern. Dieses Verhalten würde praktisch dazu führen, dass in vielen, wenn nicht den meisten Fällen die Berufungsbegründungsfrist nicht zu verlängern wäre.
Der Fall
Der Vorsitzende der Berufungskammer, also der Vorinstanz. hatte verfügt, dass der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht bewilligt worden sei, weil sich die Akte noch bei dem Amtsgericht befunden habe. Er meinte. die Berufung des Beklagten sei damit unzulässig, weil sie eben nicht fristgerecht begründet worden sei. Da die Berufungsbegründungsfrist nicht verlängert worden sei, sei die Frist zur Begründung der Berufung verstrichen. Folglich sei die Berufung nicht rechtzeitig begründet worden. Der Beklagte hat einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt und begründet. Zwischenzeitlich hat das Landgericht die Berufung des Beklagten durch einen Beschluss als unzulässig verworfen. Der BGH hat geurteilt, dass die Rechtsbeschwerde des Beklagten nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig ist.