Ein soeben bekannt gegebener Beschluss des Bundesgerichtshofs, Az.: VI ZR 634/15, vom 16. August 2016 berichtet über eine Leidensgeschichte, Arztfehler und Fehlurteile in beiden Vorinstanzen.
Für den Anwaltsalltag lässt sich dieser vom BGH angewandte Grundsatz oftmals verwerten:
Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind, auch ohne dahingehende ausdrückliche Erklärung in ihr Klagevorbringen aufnimmt. Dieser Grundsatz verdient im Arzthaftungsprozess nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zugunsten des geschädigten Patienten - wie auch sonst in anderen Gutachtensfällen - umso mehr Beachtung, als der Patient im allgemeinen die medizinischen Vorgänge und Zusammenhänge nur unvollkommen zu überblicken vermag und deshalb in gewissem Umfange darauf angewiesen ist, dass der Sachverhalt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufbereitet wird. Die Nichtberücksichtigung der die Rechtsposition des Patienten (Klägers) stützenden Ausführungen des Sachverständigen bedeutet, dass erhebliches Vorbringen des Patienten im Ergebnis übergangen und damit dessen verfassungsrechtlich gewährleisteter Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden ist ..."

Anmerkung
Leidgeplagte Tennisspieler werden sich für die Leidensgeschichte interessieren. Der BGH beschreibt sie so:
Nachdem die zunächst durchgeführten konservativen Maßnahmen wie Gipsbehandlung, Spritzen, Salbenverbände, Schmerzmittel und Krankengymnastik nicht zu einer Besserung der Beschwerdesymptomatik geführt hatten, stellten die den Kläger behandelnden Ärzte am 4. März 2010 die Indikation zu einem operativen Eingriff. Die empfohlene Operation wurde am 9. März 2010 durchgeführt. Am 11. März 2010 wurde der Patient (Kläger) bei reizlosen Wundverhältnissen in die hausärztliche Nachsorge entlassen. Am 19. April 2010 stellte sich der Patient erneut in der Sprechstunde der Beklagten vor und berichtete über anhaltende Schmerzen im rechten Ellenbogen. Die ihn behandelnden Ärzte stellten eine deutliche Schwellung über der Ecksensorenplatte fest und empfahlen ihm eine Revisionsoperation. Diese wurde für den 30. April 2010 vereinbart. Aufgrund sehr starker Schmerzen im Bereich des angeschwollenen rechten Ellenbogengelenks und sichtbarer Eiterbildung stellte sich der Kläger aber bereits am 23. April 2010 bei der Beklagten vor. Am selben Tag wurde die Revision durchgeführt. Die alte Wunde wurde eröffnet. Nachdem sich Eiter entleert hatte, wurde ein Abstrich genommen. Die Wunde wurde ausgiebig gesäubert und ein Debridement durchgeführt. Wegen der Wundinfektion wurde eine anti-biotische Therapie eingeleitet. Eine Untersuchung des entnommenen Abstrichs ergab, dass die Wunde mit dem Staphylococus aureus infiziert war, der multisensibel auf Antibiotika reagierte. Eine Nachkontrolle am 10. Mai 2010 ergab keine Auffälligkeiten. Die Beschwerdesymptomatik verbesserte sich allerdings nicht wesentlich. Der Patient stellte sich deshalb am 23. Juni 2010 erneut bei der Beklagten vor und vereinbarte eine weitere Operation für den 28. Juni 2010. Hierbei wurde die alte Wunde erneut eröffnet. Ein Keimwachstum wurde nicht mehr festgestellt. Die Beschwerden des Klägers besserten sich auch nach der dritten Operation nicht. Der Kläger litt weiter unter einer Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogens und unter einem Schnappen im lateralen Bereich des Ellenbogens bei körperlicher Belastung. In der A. Klinik in B. stellte man eine radiale kollaterale Bandinstabilität fest, weshalb eine Seitenbandplastik durch Entnahme eines Bindegewebstreifens aus dem Oberschenkel durchgeführt wurde. Der Kläger leidet heute noch unter einem Ruhe- und Belastungsschmerz.