Gestern hat der Anwaltssenat des BGH sein Urteil AnwZ (Brfg) 43/15 vom 18.7.2016 bekannt gegeben. Leitsätze des BGH sind nicht vorgesehen. Zusammen gefasst, erklärt der Anwaltssenat:
1. Wer heiratet, darf als Berufsname den Namen fortführen, unter dem sie oder er vor der Eheschließung beruflich aufgetreten ist. Oft wird dies, wie im entschiedenen Fall, der Geburtsname sein.
2. In das Verzeichnis der (zuständigen) Rechtsanwaltskammer und in das von der Bundesrechtsanwaltskammer geführte Gesamtverzeichnis sowie in den Anwaltsausweis ist der Familienname der Rechtsanwältin oder des Rechtsanwalts aufzunehmen.
3. Der Antrag, ausschließlich mit dem Berufsnamen und nicht mit einem abweichenden Familiennamen in die Verzeichnisse und in den Anwaltsausweis eingetragen zu werden, wird zurückgewiesen.


Anmerkungen
a.
Der Sachverhalt kurz gefasst: Eine Rechtsanwältin wollte nach ihrer Eheschließung weiterhin ausschließlich (!) mit ihrem Geburtsnamen, unter dem sie bislang beruflich tätig war, in das Rechtsanwaltsverzeichnis eingetragen werden.
b.
Der Senat weist im Urteil darauf hin, dass der relevante § 31 Abs. 3 Nr. 2 und 3 (Eintragung des Namens der Kanzlei und der Zweigstellen) erst am 1.1.2017 in Kraft tritt. Zum Wortlaut des § 31 siehe unten bei g. Das Inkrafttreten der Nr. 2 und der Nr. 3 können zum Anlass genommen werden, einige nachfolgend aufgeführte Bedenken durch die Kammern zu beseitigen.
c.
Je mehr man nachdenkt, desto verständlicher wird vermutlich für Viele die Klage der Anwältin werden. Man denke an den Fall, dass Mann und Frau bereits beruflich bekannt sind und aus guten Gründen einen Familiennamen führen möchten, in welchem beide und nicht die Berufsbezeichnungen erscheinen.
d.
Im entschiedenen Fall wählten die Eheleute den Geburtsnamen des Ehemannes als Familienname (Ehename). Die Anwältin hat sich bei ihrer Klage vermutlich auf einen „gesunden Menschenverstand”, ihr Persönlichkeitsrecht, Gleichberechtigung, Anti-Diskriminierung, Fairness und den grundrechtlichen Schutz von Ehe und Familie verlassen. Sie wollte wohl erreichen, dass ihre Mandanten oder beruflichen Interessenten sie ganz einfach, direkt und personenidentisch unter dem Namen in den Verzeichnissen finden, unter dem sie bislang gearbeitet hat und bekannt ist, - so etwa auch in Online-Archiven aufgrund von Publikationen oder durch „Mundpropaganda”. Womöglich ist das Ehepaar umgezogen. Vielleicht hat die Klägerin die Kanzlei gewechselt. Es sollte, war die Anwältin vermutlich bestrebt, niemand nach ihr suchen müssen, verunsichert werden und womöglich notgedrungen die Suche aufgeben.
e.
Der Kernsatz findet sich auf Seite 11 des Urteils:
„Der Gesetzgeber hat die Konkurrenz von Berufs- und Familiennamen dahingehend gelöst, dass sowohl der Familienname als auch der Berufsname, letzterer als Kanzleiname, anzugeben ist (vgl. § 31 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BRAO).” Die Frage ist, ob diese Lösung gelungen ist oder gelingen wird.
f.
Zum besseren Verständnis des Begriffes „Berufsname”: Das Urteil zitiert ganz im Sinne der Klägerin aus einer „ Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz” vom 2.12.2015:
„Unter dem Kanzleinamen ... ist die Bezeichnung zu verstehen, unter der ein Rechtsanwalt an dem jeweiligen Standort beruflich auftritt. ... Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ist aber auch ein anderer Kanzleiname möglich, insbesondere unter Beibehaltung eines vor der Eheschließung geführten Namens” (folgt Hinweis auf Rechtsprechung und Literatur).
Und der BGH legt dar:
Das mögliche Interesse eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin daran, den Geburtsnamen als Berufsnamen weiter zu führen, wird dadurch gewahrt, dass ein solcher Name als "Kanzleiname" gesondert eingetragen werden kann (vgl. § 31 Abs. 3 Nr. 2 BRAO).”
g.
Die vom Urteil in den Fokus gestellten Nr. 1, Nr.2 und Nr. 3 des § 31 Abs. 3 BRAO legen fest:
„(3) In die Verzeichnisse der Rechtsanwaltskammern haben diese einzutragen:
1.
den Familiennamen und die Vornamen des Rechtsanwalts;
2.
den Namen der Kanzlei und deren Anschrift; wird keine Kanzlei geführt, eine zustellfähige Anschrift;
3.”
den Namen und die Anschrift bestehender Zweigstellen;
h.
Das Urteil konnte eine Reihe von Fragen auslassen (ohne diese auch nur zu erwähnen) wie:
Ist auf ein und demselben Briefbogen oder in einer eMail einmal - bei der Auflistung der Rechtsanwälte oder bei der Unterschrift - der Berufsname aufzuführen und an anderer Stelle - etwa bei der Angabe des Geschäftsführers einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH - der Familienname?
i.
Das letzte Wort wird auf Dauer selbst in Bezug auf die Konstellation des BGH-Falles noch nicht gesprochen sein; - zumal Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nicht aufgeben werden zu heiraten!