Worauf sich die Rechtsanwälte einstellen müssen: In seiner gestern bekannt gemachten Entscheidung AnwZ (Brfg) 3/16 vom 27. April 2016 hat der Anwaltssenat des BGH zum Nachweis der praktischen Erfahrungen unerbittlich geurteilt. Im Einzelnen:
Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen im Bank- und Kapitalmarktrecht setzt nach § 5 Abs. 1 Buchst. s FAO voraus, dass der Antragsteller innerhalb der letzten 3 Jahre vor der Antragstellung im Fachgebiet als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei 60 Fälle, davon mindestens 30 rechtsförmliche Verfahren, bearbeitet hat. Der Anwaltsgerichtshof hat jedoch nur eine Fallzahl von 55,5 festgestellt und dabei strenge Maßstäbe angelegt. Nämlich:
Nach der ständigen Senatsrechtsprechung zählt ein Fall nur einfach, auch wenn sich das Mandat auf mehrere gerichtliche Instanzen erstreckt. Unter Umständen dürfen solche Verfahren höher als mit 1 gewichtet, der Fallbegriff darf jedoch nicht erweitert werden. Das heißt: Auch bei mehreren Instanzen bleibt es doch immer nur ein Fall - und sei er noch so komplex und bedeutend.
Anmerkungen
1.
Die Fachanwaltsordnung bestimmt in § 5:
(1) Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen setzt voraus, dass der Antragsteller innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung im Fachgebiet als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei bearbeitet hat: ...
s) Bank- und Kapitalmarktrecht: 60 Fälle, davon mindestens 30 rechtsförmliche Ver-fahren. Die Fälle müssen sich auf mindestens drei verschiedene Bereiche des in § 14l Nr. 1 bis 9 beziehen, dabei auf jeden dieser drei Bereiche mindestens 5 Fälle.
2.
Der Bundesgerichtshof in Anwaltssachen ist die höchste Instanz der anwaltlichen Gerichtsbarkeit. Rechtsgrundlage sind die §§ 106–112 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Neben dem Präsidenten des BGH oder seinem Vertreter qua Amt sind zwei Mitglieder des BGH sowie zwei Rechtsanwälte Mitglieder des Senats.