Wem unter Umständen ein Arzt wegen eines Behandlungsfehlers haftet, dem kann eventuell ein gestern vom Bundesgerichtshof bekannt gegebenes Urteil vom 1. März 2016 mit dem Aktenzeichen: VI ZR 49/15 helfen.
Erst in zweiter Instanz hatte ein Geschädigter den Sachverhalt schlüssig vorgetragen, weil er mit seinem Anwalt erster Instanz, so das Landgericht und das Oberlandesgericht als Berufungsinstanz, medizinisch nicht substantiiert genug vorgetragen habe. Das Oberlandesgericht wies die Berufung mit der Begründung zurück, der Sachverhalt sei - zu spät - erst in zweiter Instanz vom neuen Anwalt medizinisch ausreichend substantiiert dargelegt worden. Der BGH hob das Urteil auf.
Aus der Begründung der BGH-Entscheidung:
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH dürfen an die Informations- und Substantiierungspflichten der Partei im Arzthaftungsprozess nur maßvolle Anforderungen gestellt werden. Vom Patienten kann regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden. Der Patient und sein Prozessbevollmächtigter sind insbesondere nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen (vgl. Senats-Urteil vom 8. Juni 2006 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 252; vom 24. Februar 2015 - VI ZR 106/13, VersR 2015, 712 Rn. 19; Beschluss vom 15. Juli 2014 - VI ZR 176/13, Rn. 5). Nach diesen Grundsätzen ist der Patient nicht verpflichtet, mögliche Entstehungsursachen einer Infektion zu ermitteln und vorzutragen. Bei dieser Sachlage kann es nicht als Nachlässigkeit angesehen werden, dass die Klägerin [erst] in zweiter Instanz ihren Angriff konkretisiert hat, nachdem ihr zweitinstanzlicher Prozessbevollmächtigter durch eigene medizinische Recherchen zusätzliche Informationen über mögliche Infektionsursachen erlangt hat.