Wir hatten an dieser Stelle am 06. Juli 2015 vom Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 02. Juli 2015 (Az.: L 8 KR 273/12) berichtet, in welchem eine abhängige Beschäftigung eines als Marktforschungsinterviewer tätigen Rechtsanwaltes verneint worden war. Die schriftliche Begründung des Urteils wurde uns nun als Parteivertreter vom LSG zugestellt. Aus ihr ergibt sich:
Für die sozialrechtliche Beurteilung der Beschäftigung war in diesem Falle für das Gericht der Parteiwille entscheidend. Nach ständiger Rechtsprechung der Sozial-, Arbeits-, und Finanzgerichte ist bei der Statusbeurteilung der Wille der Vertragspartner dann ausschlaggebend, wenn sich die Zuordnung nicht aus objektiven Kriterien ergibt und die tatsächliche Ausgestaltung der Beziehung gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung spricht.
Nach Ansicht des Gerichts sprachen für eine abhängige Beschäftigung umfangreiche Leitfäden, welche der Interviewer beachten musste. Sie enthielten nicht nur Ausführungen zu der bei den Befragungen strikt einzuhaltenden Methode, sondern auch zum Verhalten, zur Bekleidung, zum Umgang mit Fahrgästen. Dadurch sei der Interviewer in den Betrieb der Auftraggeberin eingegliedert gewesen, weil der Auftraggeber ihn hinsichtlich der Art der Ausführung der Interviews strikt gebunden hätte.
Für eine selbständige Tätigkeit sprachen andererseits nach Ansicht des Gerichts nicht nur die Freiheit des Interviewers, Aufträge überhaupt anzunehmen, sondern auch Zeiten der Befragung selbst zu bestimmen, indem er aus vom Auftraggeber angebotenen Wochenblöcken einzelne Züge herausstreichen und sich somit die Tätigkeitszeiten so zusammenstellen konnte, wie es ihm im Hinblick auf seine sonstige berufliche Tätigkeit passte. Darüber hinaus hat der Interviewer auch fest vereinbarte Zeiten in bis zu 30 % der Fälle nicht eingehalten. Darin sah das Gericht eine „wesentliche unternehmerische Freiheit“ des Interviewers, „die einer abhängigen Tätigkeit fremd ist“.
Entsprechend der zu Beginn der Zusammenarbeit getroffenen Rahmenvereinbarung hatten beide Parteien über Jahre hinweg die Tätigkeit des Klägers als selbständige Tätigkeit aufgefasst und gelebt (z.B. Berechnung der Mehrwertsteuer durch den Interviewer). Schließlich hatten beide Parteien auch noch in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich übereinstimmend erklärt, dass kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Der so zum Ausdruck gekommene Parteiwille war für das Gericht eindeutig und ausschlaggebend.