Die Werbung mit einer nicht veröffentlichten Studie ist unter anderem dann irreführend, wenn der Hinweis auf ihre fehlende Veröffentlichung nicht so unmissverständlich und eindeutig erfolgt, dass er von den Umworbenen ohne weiteres wahrgenommen werden kann.
Entschieden hat das OLG Köln in einem neu veröffentlichten Urteil mit dem Az. 6 U 110/14.
Beurteilt hat das Gericht eine vergleichende Werbung für Blutzuckermessgeräte des Unterlassungsschuldners mit Konkurrenzprodukten des Unterlassungsgläubigers. In der Werbung, präsentiert auf einer Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), wurde hinsichtlich der Messgenauigkeit des beworbenen Produkts auf die zum Zeitpunkt der Werbung noch unveröffentlichte Studie „North American Comparator Trial – (NACT) verwiesen. Zur der Einsehbarkeit der Studie wurde lediglich angegeben: „data on file“. Nach dem Vortrag des werbenden Unternehmens werde dies branchenüblich so verstanden, dass die Daten der Studie beim werbenden Unternehmen vorhanden und dort anzufordern seien.
Das OLG Köln hielt diesen Hinweis für unzureichend. Denn bei den Besuchern der Jahrestagung (nicht nur Ärzte, sondern auch Studenten, Krankenschwestern, Pflegepersonal, Diabetesberater, Diätassistenten, Podologen usw.) könne nicht vorausgesetzt werden, dass sie dem Hinweis „data on file“ die Nichtveröffentlichung der Studie und die Möglichkeit, sie bei dem werbenden Unternehmen einsehen zu können, entnehmen könnten.
Ein eindeutiger und unmissverständlicher Hinweis auf die Nichtveröffentlichung der Studie sei zur Vermeidung einer Irreführung vor allem deswegen erforderlich, weil eine unveröffentlichte Studie nur eine „verminderte wissenschaftliche Aussagekraft“ zukomme. Nur eine veröffentlichte Studie stelle sich der wissenschaftlichen Diskussion und habe daher ein höheres Maß an fachlicher Überzeugungskraft.
Ohne klaren Hinweis auf die fehlende Veröffentlichung würden die Umworbenen in ihrem Vertrauen enttäuscht, die durch die Studie angeblich wissenschaftlich belegte Aussage unmittelbar selbst durch Einsichtnahme in die Studie überprüfen zu können. Damit knüpft das OLG Köln an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 06.02.2013 (I ZR 62/11) an, nach dem eine Studie, mit der geworben wird, vollständig zur Verfügung stehen muss, um eine werblich uneingeschränkte Aussage, die sich auf die Studie stützt, überprüfen zu können. Das gilt vor allem, wenn in der Studie andere Meinungen erwähnt oder selbst Zweifel oder Bedenken an den Ergebnissen geäußert werden.
Anmerkungen:
Beide Gerichtsentscheidungen urteilten über Studien aus dem Heilmittel- und Medizingerätebereich. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die in diesen Urteilen entwickelten Grundsätze nicht auch auf die Werbung mit anderen Studien (z.B. Produkttests oder Marktforschungsstudien) angewandt werden können.