Eine Entscheidung zum bekannten Fall Kachelmann

Die Klägerin ist als Moderatorin bei einem Radiosender tätig. Der Beklagte ist einer breiten Öffentlichkeit durch die Wettervorhersage in Sendungen der ARD bekannt. Die Klägerin hatte im Februar 2010 gegen den Beklagten Strafanzeige wegen schwerer Vergewaltigung erstattet. Nach 44 Verhandlungstagen ist der Beklagte rechtskräftig freigesprochen worden. Der Beklagte hatte die Klägerin sodann gegenüber den Medien als „Kriminelle“ bezeichnet. Mit der Klage verlangt die Klägerin die Unterlassung dieser Äußerung.
Das Urteil:
Entschieden hat das Oberlandesgericht Karlsruhe (Pressemitteilung zum Az.: 6 U 152/13). Es hat dem Beklagten untersagt, die Klägerin als „Kriminelle“ zu bezeichnen. Nach der Auffassung des Gerichts handelte es sich zwar um eine komplexe Äußerung. Einerseits hat der Beklagte eine Tatsache behauptet. Andererseits bringt der Beklagte eine stark abwertende Beurteilung der Klägerin zum Ausdruck. Das Gericht legt dar, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des mit der Bezeichnung als „Kriminelle“ einhergehenden Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht anhand einer Abwägung der jeweiligen grundrechtlich geschützten Positionen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist. Im streitgegenständlichen Fall hat das Gericht den Beklagten nicht für berechtigt erachtet, die Klägerin mit der Bezeichnung als „Kriminelle“ persönlich herabzuwürdigen. Denn die Unschuldsvermutung gilt nach der Auffassung des Gerichts nicht nur zugunsten des Beklagten, sondern auch zugunsten der Klägerin. Deshalb ist gegenüber derartigen Zuspitzungen Zurückhaltung geboten.
Anmerkung:
Entscheidend kommt es stets auf den Einzelfall an, wobei die Entscheidung des Gerichts meist nicht hundertprozentig vorhergesagt werden kann. Erst am 09.09. hatten wir an dieser Stelle über das Urteil des OLG Frankfurt a.M., Az.: 6 U 75/12 berichtet, nach dem es ein Rechtsanwalt unterlassen musste einen anderen Rechtsanwalt in einem Schriftsatz als "Meisterbetrüger" zu titulieren. Dasselbe Gericht (Az.: 16 U 90/13) hatte entschieden, dass eine in einem Presseartikel verbreitete Äußerung als Meinungsäußerung zulässig ist. In den zuletzt genannten Urteilen haben die Gerichte in der Begründung nicht auf die Unschuldsvermutung abgestellt.