Entschieden hat das BVerfG unter dem Az. 2 BvR 974/12. In das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung darf zur Strafverfolgung nur eingegriffen werden, wenn der Tatverdacht bereits auf konkreten Tatsachen beruht und die Durchsuchung folglich nicht erst der Ermittlung von Tatsachen zur Begründung eines Verdachts dient.
Die von einem Prokuristen angegriffenen Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts Stuttgart wurden im entschiedenen Fall nach Ansicht des BVerfG diesen Anforderungen nicht gerecht. Aus E-Mails vom 18. und 19. August 2010 ließen sich Rückschlüsse auf eine Beteiligung des Prokuristen an Bestechungsdelikten gegenüber mexikanischen Amtsträgern in keiner Weise ableiten. Eine E-Mail vom 25. August 2010 spreche eher für eine Sicherung als für eine Vernichtung oder Entfernung von Beweismitteln.
Auch kann nach Ansicht des BVerfG ein konkreter Tatverdacht nicht daraus abgeleitet werden, dass der Beschwerdeführer als Prokurist über eine allgemeine Sachnähe, Sachkenntnis und Sachleitungsbefugnisse zu den Geschäften des Unternehmens verfügt.
Anmerkung: Mehr zum Sachverhalt
Ein Nachrichtenmagazin berichtete am 16. August 2010 über ein Unternehmen, welches trotz fehlender Ausfuhrgenehmigungen möglicherweise wissentlich Waffen nach Mexiko geliefert und Mitarbeiter zur Vorführungen dorthin geschickt hat. Der Beschwerdeführer ist Prokurist sowie Leiter der Abteilungen „Recht/Sicherheit/Versicherungen des Unternehmens.
Am 18. und 19. August und 2010 sandte der Beschwerdeführer an die Geschäftsführung Emails mit der Information, dass ein Mitarbeiter seit 2006 Reisen nach Mexiko unternommen habe, und dass dessen Büro inzwischen versiegelt worden sei. In einer weiteren E-Mail vom 25. August 2010 teilte der Beschwerdeführer der Geschäftsführung mit, dass eine Sicherungskopie alle IT-Daten des Mitarbeiters erstellt und diese einer beauftragten Rechtsanwaltskanzlei zur Auswertung ausgehändigt worden sei. Zudem seien von den Papierunterlagen Sicherungskopien gefertigt worden, welche sich unter Verschluss befänden. Schließlich kündigte der Beschwerdeführer darin zur Vorbereitung eines Gesprächs mit den Anwälten des Unternehmens an, einige typische Musterfälle als Vorzeigefälle für die Staatsanwaltschaft zu erstellen.
Im Laufe der daraufhin eingeleiteten Ermittlungen kam der Verdacht auf, dass Bestechungsgelder an in- und ausländische Amtsträger gezahlt wurden. Der Verdacht beruhte auf der Aussage eines Mitarbeiters des Unternehmens und der Auswertung von Email-Korrespondenz. Der Beschwerdeführer war an dieser Korrespondenz nicht beteiligt.
Das Amtsgericht Stuttgart erließ gleichwohl einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnräume des Beschwerdeführers wegen des Verdachts gemeinschaftlicher Bestechung ausländischer und inländischer Amtsträger. Die E-Mail vom 25. August 2010 könne als Hinweis auf Beweismittelvernichtung bzw. -verschleierung bzw. -entfernung“ verstanden werden. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Prokuristen wurde durch Beschluss des Landgerichts Stuttgart abgewiesen. Gegen beide Beschlüsse richtete sich die - erfolgreiche - Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung von Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 Grundgesetz, GG.