Der EuGH befasste sich in der Angelegenheit „Rivella“ (Az. C-445/12 P) mit der Frage, inwieweit zwischenstaatliche Markenabkommen, die zwischen Deutschland und der Schweiz vor Existenz der EG / EU /EWR getroffen wurden, noch weiterhin von Bedeutung sind.
Nach Art. 5 Abs. 1 des am 13. April 1892 in Berlin unterzeichneten Übereinkommens zwischen Deutschland und der Schweiz betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz in geänderter Fassung (im Folgenden: Übereinkommen von 1892) gilt eine markenrechtliche Benutzungshandlung in dem einen Staat auch als eine den Schutz erhaltende, hinreichende Benutzungshandlung im anderen Staat.
Durch die Harmonisierung und weitere Angleichung des EU- Markenrechts kam die Frage auf, ob sich ein Rechteinhaber eines deutschen Markenrechts auf eine Benutzungshandlung in der Schweiz stützen kann, oder ob Unionsrecht entgegensteht.
Das HABM wies dieses Ansinnen zurück: „Die einzig maßgebliche Regelung sei die der Verordnung Nr. 207/2009, speziell deren Art. 42 Abs. 2 und 3, wonach die ältere Marke in dem Mitgliedstaat ernsthaft benutzt worden sein müsse, in dem sie geschützt sei.“ „Das Übereinkommen von 1892 könne zwar Auswirkungen auf das deutsche Markenrecht haben, es entfalte aber keine Wirkung für die Gemeinschaftsregelung für Marken.“
Der EuGH schloss sich dem an, und stellte fest: „dass der Begriff der Benutzung der Gemeinschaftsmarke im Gebiet der Union allein durch das Unionsrecht erschöpfend geregelt wird.“ Insoweit sei in einem eine EU-Markenanmeldung betreffenden Widerspruchsverfahren ein Rückgriff auf zwischenstaatliche Vereinbarungen – wie dem Übereinkommen von 1892 – nicht möglich, da ansonsten die erstrebte Vollharmonisierung konterkariert werden würde.
Anmerkung:
Bei rein deutschen Sachverhalten, muss jedoch dieses Ergebnis nicht zwingend übernommen werden. Die Frage der Vollharmonisierung wird „eine schwer zu knackende Nuss” sein, jedoch kann mit gutem Grund argumentiert werden, dass es nicht Aufgabe des EuGH sein kann, über seit langem bestehende Staatsverträge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten zu entscheiden, wenn es keinen unmittelbaren europarechtlichen Bezug gibt. Letztlich wird hierüber das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden haben.