Der BGH (Az.: I ZR 143/12 - bislang liegt nur eine Pressemeldung vor- hat seine Rechtsprechung zur Schöpfungshöhe bei Werken der angewandten Kunst „gekippt” und stellt nun klar:
Seit der Geschmacksmusterrechtsreform im Jahr 2004 darf im Zuge der europäischen Harmonisierung des „Designrechts“ bei Werken der angewandten Kunst keine höhere Gestaltungshöhe verlangt werden, als bei Werken der bildenden Kunst (Abkehr von BGH, Az.: I ZR 119/93 - Silberdistel).
Der beurteilte Fall:
Eine Spielzeugdesignerin kreierte 1998 Entwürfe für einen hölzernen Geburtstagszug und verkaufte diesen an einen Spielzeughersteller für DM 400. Sie verlangte nun wegen des Produkterfolgs eine angemessene Vergütung und legte dar, weshalb sie von einer urheberrechtlichen Schöpfung ausging.
Das OLG hatte Ansprüche unter Hinweis auf die bestehende Rechtsprechung des BGH urheberrechtlichen Schutz verneint, da geschmacksmusterrechtlicher Schutz möglich gewesen sei und die - angeblichen - höheren Anforderungen an einen urheberrechtlichen Schutz nicht vorlägen.
Die Entscheidung:
Der BGH legte nun dar, dass nach der Reform vom 1. Juni 2004 an „den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst […] grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen [seien] als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens.“
Durch die Reform sei, so der BGH, ein eigenständiges Schutzrecht entstanden, so dass die dogmatische Rechtfertigung des gestaffelten Schutzprinzips weggefallen und somit das Geschmacksmuster und das Urheberrecht parallel bestünden.
In zeitlicher Hinsicht sprach der BGH davon, dass ab dem 01.06.2004 kein schutzwürdiges Interesse bestünde, sich auf die alte Rechtsprechung zu verlassen, da insoweit in der Reform des „Designrechts“ eine Zäsur zu sehen sei. Der BGH verwies die Sache zurück, um die entworfenen Spielwaren darauf zu prüfen, ob sie nun den geringeren Anforderungen genügen, die jetzt an die Gestaltunghöhe von Werken der angewandten Kunst zu stellen sind.
Anmerkung:
Wir werden ausführlich über diese bahnbrechende Entscheidung berichten, sobald der Volltext vorliegt.