Entschieden wurde, ob ein Geschäftsführer persönlich als Störer für eine Markenverletzung haftet, wenn er weder an der Gestaltung noch an der Umsetzung der beanstandeten Handlung beteiligt gewesen ist und erst aufgrund einer Abmahnung Kenntnis von einer Rechtswidrigkeit erhalten hat.
Mit anderen Worten:
Haften Geschäftsführer auch dann, wenn sie nicht in das operative Tagesgeschäft eingebunden gewesen sind, sei es faktisch, oder aufgrund eines Geschäftsverteilungsplans? Sind Organisationspflichten verletzt, wenn der Geschäftsführer auf die zuständigen Personen, langjährige Mitarbeiter, vertraute, diesen zudem die Anweisung erteilt hatte, sich an einen benannten Rechtsbeistand zu wenden, sofern rechtliche Zweifelsfragen aufkämen?
Das OLG Hamburg (Az.: 3 U 136/11) verneinte eine Haftung der in Anspruch genommen Geschäftsführer.
Es knüpfte an die Haftungszuweisung gem. § 31 des Bürgerlichen Gesetzbuches, BGB an, die ohne weiteres für handelnde Geschäftsführer gelte.
Läge aber keine eigene Handlung des Geschäftsführers vor, so komme nur eine Störerhaftung in Betracht. Diese setze jedoch voraus, dass der Geschäftsführer von der rechtsverletzenden Handlung Kenntnis und die Möglichkeit hatte, die rechtsverletzende Handlung zu verhindern. Ob diese Kenntnis und Verhinderungsmöglichkeit vorliege sei zu klärende Tat- nicht Rechtsfrage. Die eidesstattliche Versicherung des konkret betroffenen Geschäftsführers zum o.g. Sachverhalt wurde als einerseits plausibel eingestuft, andererseits ging es selbst nach dem gegnerischen Vortrag nur um eben diesen einen Sachverhalt, nicht etwa um ein generell zu beanstandendes Geschäftsmodell.
Anmerkungen
1. Ebenso scheide ein Organisationsverschulden des zuständigen Geschäftsführers aus, da aus der erteilten Weisung nicht abgeleitet werden könne, etwaige Verletzungshandlungen seien von ihm billigend in Kauf genommen worden.
Da keine Anhaltspunkte für ein zu beanstandendes Geschäftsmodell vorlägen habe sich die Verantwortlichkeit des betroffenen Geschäftsführers bzgl. seines Geschäftsbereichs nicht ausgeweitet, so dass auch keine drittbezogene (Garanten-)Schadensabwendungspflicht vorliege.
2. Unbeachtlich seien ferner Verteidigungsverhalten im Prozess, die mittlerweile nicht mehr als tauglicher Anknüpfungspunkt für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr anzusehen seien, zumal die GmbH selbst eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben habe.
3. Auch die weiteren Geschäftsführer hafteten nicht, so das OLG, da bei einem arbeitsteiligen Vorgehen der Geschäftsleitung nur solche Organe haften, in deren Kompetenzbereich die angegriffene Maßnahme fällt. Da auch der zuständige Geschäftsführer jedoch konkret keine Kenntnis gehabt hat, käme eine Anwendung des § 166 BGB analog nicht in Betracht.
4. Unbeachtlich sei ferner, dass die weiteren Geschäftsführer sich zumeist im Ausland befänden. Jedenfalls gab es vorliegend einen - auch zuständigen - Geschäftsführer, so dass der Einwand, die anderen Geschäftsführer versuchten sich ihrer Verantwortung zu entziehen und hierdurch wissentlich und willentlich eine geeignete Grundlage für Schutzrechtsverletzungen schaffen nicht zuträfe.
5. Das Urteil des OLG erscheint insbesondere auch als hilfreich, um die sich stellenden Fragen der Verantwortlichkeit der Geschäftsführer für das Handeln der GmbH auch in zukünftigen Fällen zu beantworten.
6. Es geht zudem mit einem bemerkenswerten Realismus an die Falllösung. Diese stellt ein Gegengewicht zur manchmal ausufernden Verantwortungszuschreibungen dar.
7. Als Essenz verbleibt die Einsicht: In einer modernen Arbeitswelt sind Verletzungshandlungen einer GmbH nicht stets auf ein rechtlich zu missbilligendes Versagen der Geschäftsführung zurückzuführen.