Das LAG Hamm urteilte (Az.: 16 Sa 763/12) unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH, dass die unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers nach einer Kündigung unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche den Urlaubsanspruch nicht ertfüllt.
Der Fall:
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgemäß. Nach Ausspruch der fristlosen Kündigung zahlte sie keine Vergütung mehr. Für den Fall der Wirksamkeit der hilfsweise fristgerechten Kündigung stellte die Beklagte den Kläger unwiderruflich unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche frei. Die Parteien streiten noch um Urlaubsabgeltung, nachdem sie sich im Vergleichswege auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses verständigen konnten.
Das Urteil:
Das LAG Hamm lehnt sich mit seinem Urteil an die Rechtsprechung des EuGH an: Der EuGH (Az.: C-350/06) behandelt den Anspruch auf Jahresurlaub und den Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs. Daher müsse der Arbeitgeber zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs zum einen den Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum von der Erbringung der Arbeitsleistung unwiderruflich freistellen. Zum anderen müsse er aber auch das Entgelt für den Urlaubszeitraum zahlen. Da im vorliegenden Fall die Beklagte die Zahlung der Vergütung nach Ausspruch der Kündigung allerdings eingestellt hatte, war der Urlaubsanspruch des Klägers nach Auffassung des LAG Hamm noch nicht durch Erfüllung erloschen.
Anmerkung:
Das LAG Hamm wendet sich mit diesem Urteil gegen die ständige Rechtsprechung des BAG (etwa Az.: 9 AZR 934/06). Nach dem BAG ist der Urlaubsanspruch kein so genannter Einheitsanspruch. So sei der der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nach bisheriger Rechtsprechung des BAG ausschließlich auf die Befreiung von seinen arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten gerichtet. Die Vergütungspflicht des Arbeitgebers werde nicht berührt. Die „Reaktion“ des BAG bleibt abzuwarten, nachdem das LAG im vorliegenden Fall die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung zuließ.