Der BGH hat die unter Irreführungsgesichtspunkten und Verbraucherschutzaspekten geführte Diskussion zum nahezu inflationär verwendeten Begriffszusatz „Bio“ um ein weiteres Kapitel bereichert. Er hat mit seinem Urteil Az.: I ZR 230/11 entschieden, dass eine Brauerei natürliches Mineralwasser schon dann als „Biomineralwasser“ anbieten und bewerben darf, wenn es die gesetzlichen Grenzwerte für Schadstoffe deutlich unterschreitet.
Die klagende Wettbewerbszentrale hatte sich auf Irreführung berufen und geltend gemacht, es werde unzulässig mit „Selbstverständlichkeiten“ geworben. Der Verbraucher verbinde mit „Biomineralwasser“ Qualitätsmerkmale, die für ein natürliches Mineralwasser bereits gesetzlich vorgeschrieben und daher selbstverständlich seien.
Der BGH hielt dem entgegen, dass von einer „Selbstverständlichkeit“ nicht gesprochen werden könne, wenn sich das Mineralwasser – wie im entschiedenen Fall – von anderen Mineralwässern dadurch abhebe, dass der Anteil an Rückständen und Schadstoffen besonders niedrig ist. Der Verkehr erwarte auch nicht, dass dem Bezeichnungsbestandteil „Bio“ eine staatlich verliehene bzw. überprüfte Zertifizierung zugrunde liege. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Verwendung des Zusatzes „Bio“ in anderen Bereichen – etwa bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen – gesetzlich geregelt ist. Das Fehlen einer solchen gesetzlichen Regelung in dem betroffenen Lebensmittelbereich führe nicht dazu, dass die Bezeichnung grundsätzlich nicht verwendet werden dürfe. Die Zulässigkeit der Bezeichnung als „Biomineralwasser“ setze nur voraus, dass die Schadstoffe deutlich unter den gesetzlichen Höchstwerten für natürliche Mineralwässer liegen. Daneben erwarte der Verbraucher nur, dass es frei von Zusatzstoffen sei.
Prozessuales:
Das Urteil bestätigt auch einen umstrittenen Verfahrensgrundsatz: Wird die konkrete Verletzungsform angegriffen, bildet diese den Streitgegenstand. Erfasst werden dabei sämtliche Rechtsverletzungen, die mit der konkreten Verletzungsform verwirklicht werden – und zwar unabhängig davon, ob sich der Kläger auf alle in Frage kommenden Rechtsnormen stützt und die hierfür notwendigen Tatsachen vorträgt.