Der Sachverhalt
Die Beklagte war durch Versäumnisurteil u.a. zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 35.000 € verurteilt worden. Gegen das Versäumnisurteil legte sie zwar fristgerecht Einspruch ein, begründete diesen aber in der Einspruchsfrist nicht. Erstmals im Haupttermin erwiderte die Beklagte auf die Klage. Die Vorinstanzen wiesen darauf hin den Vortrag der Beklagten als verspätet zurück und hielten das Versäumnisurteil aufrecht.
Die Entscheidungsgründe
Der BGH schließt sich – soweit ersichtlich – in dieser grundlegenden Entscheidung Az. VI ZR 120/11 erstmalig ausdrücklich der vermittelnden Ansicht des BVerfG (BVerfGE 75, 302) zu den Voraussetzungen einer verfassungsgemäßen Präklusion verspäteten Parteivorbringens nach § 296 Abs. 1 Zivilprozessordnung, ZPO, an.
Zwar bestätigt der BGH seinen bisherigen „Ausgangspunkt”, dass es für die Feststellung einer Verzögerung des Rechtsstreits alleine darauf ankommt, ob der Prozess bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung (so genannter absoluter Verzögerungsbegriff). Mit dem BVerfG nimmt der BGH aber nunmehr eine Einschränkung dahingehend vor, dass der absolute Verzögerungsbegriff mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz, GG, nur dann vereinbar ist, wenn eine Präklusion in Fällen verneint wird, in denen sich ohne weitere Erwägungen aufdrängt, dass dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vorbringen eingetreten wäre (= Verbot einer ohne weiteres erkennbaren Überbeschleunigung).
Der BGH begründet dies analog zum BVerfG damit, dass es nicht Sinn der Präklusionsvorschriften sei, eine prozessuale Nachlässigkeit einer Partei als solche zu sanktionieren, oder dem Gericht die Mühe einer der Sache nach gebotenen sorgfältigen Sachverhaltsaufklärung zu ersparen. Zweck sei vielmehr alleine die Abwehr pflichtwidriger Verfahrensverzögerungen, was aber nicht mehr angenommen werden könne, wenn für das Gericht ohne jeden Aufwand erkennbar sei, dass die Verspätung nicht kausal für eine Verzögerung ist.
Im entschiedenen Fall führte dies dazu, dass eine Präklusion zu verneinen war, weil auch nach Ansicht des Ausgangsgerichts ein Sachverständigengutachten hätte eingeholt werden müssen und dies offenkundig in der kurzen Zeit zwischen dem Ablauf der Einspruchsfrist und dem Einspruchstermin nicht möglich gewesen wäre.