Die Entscheidung des BGH vom 29. März 2012 (Az.: GSSt 2/11), wonach niedergelassene Kassenärzte sich nicht wegen Bestechlichkeit strafbar machen, wenn sie Vorteile der Pharmaunternehmen als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln entgegennehmen, ist im Moment in den Medien intensiv dargestellt und besprochen worden. Sie ist auch für die Marktforschung von großer Bedeutung.
Der Fall:
Eine Pharmareferentin hatte im Rahmen eines vom Pharmaunternehmen so genannten „Verordnungsmanagements“ einem Arzt Schecks über einen Gesamtbetrag von € 18.000,00 als Gegenleistung für ein bestimmtes Verordnungsverhalten zukommen lassen. Sie war deswegen vom Landgericht wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach. § 299 Abs. 2 Strafgesetzbuch, StGB, zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Eine Verurteilung wegen Bestechung eines Amtsträgers (§ 334 StGB) hatte das Gericht abgelehnt.
Der BGH hat nach eingelegter Revision festgestellt, dass Ärzte weder als Beauftragte der Krankenkassen tätig sind (dann wäre § 299 StGB anwendbar) noch als für die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bestellte Amtsträger (dann wären §§ 333 und 334 StGB anwendbar), also eine Bestechung in keiner der beiden Varianten vorliegt.
Bedeutung für die Marktforschung
Marktforscher gewähren Ärzten in der Regel für die Teilnahme an einer Marktforschungsbefragung eine kleine, sich an der GOÄ orientierende, den für die Befragung notwendigen Zeitaufwand ausgleichende Geldzuwendung. An die Gewährung der Geldzuwendung ist selbstverständlich weder die Erwartung bestimmter Antworten noch eines bestimmten Verschreibungsverhaltens geknüpft. Vielfach besteht bei den auftraggebenden Pharmaunternehmen dennoch die Befürchtung, dass auch eine solche Zuwendung als Bestechung oder strafbare Vorteilsgewährung angesehen werden könnte, (obgleich es an einer für die Strafbarkeit erforderlichen Unrechtsvereinbarung fehlt). Oft fordern daher die Auftraggeber von den Marktforschungsinstituten,, sich von den Ärzten eine Dienstherrengenehmigung oder eine Genehmigung der Krankenkassen für die Entgegennahme eines solchen kleinen Geldbetrages vorlegen zu lassen, um dadurch der Strafbarkeit wegen Vorteilsgewährung - § 333 StGB - zu entgehen.
Durch die Entscheidung des BGH ist nunmehr klargestellt, dass jedenfalls niedergelassene Kassenärzte auch Geldzuwendungen durch die Marktforschungsinstitute entgegennehmen können, ohne sich dem Vorwurf der Vorteilsannahme und Bestechlichkeit auszusetzen. Einer wie auch immer gearteten „Genehmigung“ oder „Erlaubnis“ der Krankenkassen bedarf es daher nicht.