Entschieden hat das Kammergericht in einem uns soeben zugestellten Urteil vom 22.09.2011 (Az. 10 U 164/10).
Das aufgehobene Urteil des Landgerichts Berlin
Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Prominenter den Verlag erfolgreich auf Unterlassung wegen einer Wortberichterstattung in Anspruch genommen. Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss aus diesem Verfahren erhob der Verlag Vollstreckungsabwehrklage, nachdem er mit einer ihm gegen den Prominenten aus einem anderen Verfahren zustehenden Forderung aufgerechnet hatte. Das Landgericht Berlin wies die Klage ab, weil seiner Auffassung nach das gesetzliche Aufrechnungsverbot des § 393 BGB entgegenstand, dessen Wortlaut nach die Aufrechnung gegen eine Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung unzulässig ist. Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nach § 823 BGB beruhe – so das Landgericht - stets auf Vorsatz. Auf Rechtsirrtum könne der Verlag sich nicht berufen.
Anders das Kammergericht
Das KG gab der Klage des Verlages statt und erklärte die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss für unzulässig. § 393 BGB setze Vorsatz im zivilrechtlichen Sinne voraus, also Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolgs bei Bewusstsein der Rechtswidrigkeit. Wie ein Gericht das Ergebnis der Güterabwägung beurteilt, könne der Redakteur aber nicht vorhersehen, zumal die damals gegebene Begründung des sachentscheidenden Gerichts mittlerweile überholt sei.
Aus den Entscheidungsgründen

„Der Senat kann nicht feststellen, dass die Klägerin den Beitrag im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit veröffentlicht hat. Der BGH hat in neueren Entscheidungen betont (vgl. etwa NJW 2011,744), dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht schon davor Schutz bietet, überhaupt in einem Bericht individualisierend benannt zu werden.
(…)
Die Frage der Rechtsmäßigkeit der Berichterstattung ist aufgrund einer Abwägung der gegenläufigen Grundrechtspositionen zu entscheiden. Dass der Klägerin bewusst war, dass die Berichterstattung aufgrund der vorzunehmenden Abwägung als rechtswidrig einzustufen ist, kann – insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Ausführungen in dem Rechtsstreit 10 89/09 – nicht festgestellt werden.

Anmerkung: Man wird die Anwendbarkeit des § 393 BGB im Presserecht also auf diejenigen Fälle beschränken müssen, bei denen sich eine Persönlichkeitsrechtsverletzung praktisch auf den ersten Blick „aufdrängt“.