Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber - 29 Jahre Betriebszugehörigkeit berücksichtigend - eine des Diebstahls von insgesamt zehn aktuellen Ausgaben zweier Zeitschriften im Wert von 25,40 € vor deren Erstverkaufstag zwar nicht außerordentlich, aber ordentlich ohne vorheriger Abmahnung gekündigt. Nachdem der Kündigungsschutzklage in zwei Instanzen der Erfolg versagt blieb, hat das BAG nunmehr die Nichtzulassungsbeschwerde mit einem Beschluss Az.: 2 AZN 1084/10 zurückgewiesen.
Dem nun erlassenen Beschluss kommt auch deshalb besondere Bedeutung zu, weil er nach arbeitgebergünstigen Urteilen als Muster gegen Nichtzulassungsbeschwerden verwertet werden kann. Deshalb ausführlicher:
1. Kein abstrakter Rechtssatz
Entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die auch bei strafbaren Handlungen von Arbeitnehmern keine absoluten Kündigungsgründe kennt, sondern jeweils eine umfassende, auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Interessenabwägung fordert, hat das BAG zum einen nicht erkennen können, dass der Berufungsentscheidung ein abstrakter Rechtssatz zu Grunde läge, welcher von einem anderen abstrakten Rechtssatz abwiche: Ein Rechtssatz ist eine nach Tatbestand und Rechtsfolge geordnete abstrakte - d.h. vom Fall abgelöste - Aussage über die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm ( ... ) Ob bei einem Vermögensdelikt bestimmte Gesichtspunkte zu Lasten einer der Parteien „von Bedeutung“ oder „maßgeblich“ sind, trifft keine Aussage über eine eindeutige Rechtsfolge unabhängig von den Umständen des Einzelfalls.
2. Persönliche Verhältnisse
Unterhaltsverpflichtungen und die persönliche gesundheitliche Situation des Arbeitnehmers können bei der Interessenabwägung im Rahmen einer Kündigung wegen Diebstahls „im Regelfall“ nicht zu einem anderen, dem Arbeitnehmer günstigen Ergebnis führen.
3. Rechtliches Gehör
Die reumütige Herausgabe der Zeitschriften hat das Landesarbeitsgericht, so das BAG, nicht übergangen, sondern angesichts der konkreten Umstände als einen nicht entscheidend zu Gunsten der Klägerin ins Gewicht fallenden Gesichtspunkt gewertet ( ... ) Das Gericht hat nicht unterstellt, die Klägerin habe die Zeitschriften bereits Dritten versprochen gehabt, sondern hat ihr Verhalten dahin gewürdigt, dass sie die entwendeten Mehrfachexemplare wohl habe verschenken wollen ( ... )
4. Keine Verhütungsmaßnahmen
Den Umstand, dass die Beklagte keine Maßnahmen gegen das Entwenden von Zeitschriften durch Arbeitnehmer aus der Packerei ergriffen habe, hat das Landesarbeitsgericht ( ... ) beanstandungsfrei dahin gewürdigt, er könne der Beklagten nicht entgegengehalten werden ( ... )

Damit ist gegenwärtig noch klar: Zum Nachteil des Arbeitgebers begangene Eigentums- oder Vermögensdelikte können auch nach „Emmely”- unabhängig vom Wert des Tatobjekts oder der Höhe eingetretener Schäden - typischerweise einen Kündigungsgrund darstellen. Denn wer als Arbeitnehmer vorsätzlich und rechtswidrig Integrität des Eigentums und Vermögens seines Arbeitgebers verletzt, zeigt ein Verhalten, das geeignet ist, die Zumutbarkeit seiner Weiterbeschäftigung in Frage zu stellen.