Die Folgen der sog. „Stolpe-Entscheidung” des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 1 BvR 1696/98 v. 25.10.2005) sind bekannt: Ergab sich bei sämtlichen denkbaren und nicht fernliegenden Textauslegungsmöglichkeiten wenigstens eine persönlichkeitsverletzende Darstellung, musste der Äußernde eine Unterlassungserklärung abgeben, um die Wiederholungsgefahr auszuschließen.
Das Landgericht Hamburg hat diese negative Konsequenz für die Presse jetzt mit einem Urteil Az.: 324 O 100/10 weitgehend beseitigt. Es hat eine Klage auf Unterlassung einer mehrdeutigen Äußerung abgewiesen und festgestellt, dass die Wiederholungsgefahr auch ohne Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung allein durch Klarstellung gegenüber dem Betroffenen entfallen kann.

Anmerkungen:
1. Im entschiedenen Fall hatte der beklagte Presseverlag dem Kläger auf dessen Unterlassungsaufforderung hin mitgeteilt, dass die Äußerung nur in einem bestimmten Sinne zu verstehen sei und er sie nicht ohne klarstellende Zusätze wiederholen werde.
2. Das Landgericht stützt sich für seine neue Rechtspraxis auf die dem „Stolpe-Beschluss” nachfolgende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.12.2007 (Az.: 1 BvR 967/05), in welchem das BVerfG relativierend ausgeführt hat:

[…] Im Hinblick auf Ansprüche auf Unterlassung zukünftiger Äußerungen geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass verfassungsrechtlich erhebliche Einschüchterungseffekte durch Maßnahmen des Persönlichkeitsschutzes nicht ausgelöst werden, soweit der Äußernde die Möglichkeit hat, die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts eines anderen ohne übermäßige Belastungen für sich durch eigenes Tun abzuwenden. Bei mehrdeutigen Äußerungen kann dies durch Klarstellung ihres Inhalts geschehen. Soweit eine nunmehr eindeutige Aussage keine Rechte verletzt, entfällt ein Unterlassungsanspruch.
[…]Dabei muss gesichert sein, dass für die Klarstellung und damit die Abwendung der Unterlassungsverpflichtung ein einfacher Weg eröffnet ist. Nachteilige Wirkungen auf die Ausübung der Kommunikationsfreiheit wären insbesondere zu erwarten, wenn eine hohe Kostenlast auf den zukäme, der sich mehrdeutig geäußert hat, auch wenn er nach Erkennen der Mehrdeutigkeit und des persönlichkeitsverletzenden Inhalts einer Deutungsalternative klargestellt hat und nach dieser Klarstellung keine Persönlichkeite verletzt werden.
(Hervorhebungen d. d. Verf.)
3. Konsequenz aus dieser Entscheidung dürfte auch sein, dass vorgerichtliche Abmahnkosten nicht erstattungsfähig sind.