Wie berichten immer wieder über gerichtliche Entscheidungen zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von Alleinstellungs- oder Spitzenstellungsaussagen i.S.d. Eintrag vom 2. November 2009).
Einen unseres Erachtens eindeutigen Fall hat das Schleswig-Holsteinische OLG, Az.: 6 U 27/10, entgegen der Ansicht der Beklagten entschieden.
Ein Fahrzeughersteller hatte mit dem Slogan geworben „Das sicherste Auto aller Zeiten“. In einem Sternchenhinweis hierzu wurde aufklärend auf die maximal erreichte Punktzahl in einem bestimmten Sicherheitstest (NCAP Crashtest 2008) verwiesen. Tatsächlich hatte aber das Fahrzeug des klagenden Konkurrenten in diesem Test mindestens gleich gut abgeschnitten. Schon aufgrund dieses Umstandes stellte das Gericht fest, dass die Angabe „sicherstes Auto aller Zeiten“ als Tatsachenbehauptung inhaltlich unzutreffend ist. Zur Abgrenzung gegenüber einem bloßen Werturteil führt das OLG aus:
Bei der Werbeaussage handelt es sich entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten nicht um eine nur reklamehafte Übertreibung auf der Basis von Werturteilen. Der Leser der Werbeanzeige geht vielmehr davon aus, dass der Werbeerklärung objektive Umstände zugrunde liegen, weil allgemein bekannt ist, dass Autos Sicherheitstests unterzogen werden, die zu objektiven Testergebnissen führen. Die einzelnen Testergebnisse bezogen auf technische Testbereiche sind ihrerseits konkret erfassbare und einer Nachprüfung zugängliche Tatsachen.
Anmerkungen:
1. Dieser Abgrenzung hätte es in der Tiefe nicht bedurft, weil schon per Sternchenverweis auf einen bestimmten Sicherheitstest und somit auf objektive Testergebnisse Bezug genommen wurde. Die Annahme einer Sachbehauptung lag somit auf der Hand.
2. Andere Fälle sind deshalb schwieriger zu beurteilen, weil die (maßgeblichen) Verkehrsauffassungen stärker auseinanderklaffen. In solchen Fällen fasst ein erheblicher Teil der Adressaten die Äußerung als Tatsachenbehauptung auf und ein zweiter erheblicher Teil als reklamehafte Übertreibung. Die Gerichte lösen diese Streitigkeiten, wenn eine repräsentative Umfrage fehlt, indem sie erklären, sie könnten aufgrund eigener Sachkunde beurteilen, wie es sich verhalte. So kommt es dann oft vor, dass die eine Instanz so und die nächste Instanz anders urteilt, obwohl keine Instanz von sich behaupten kann, sie wisse besser als die andere, welche Verkehrsauffassung herrscht. Einzelheiten zu dieser Thematik können Sie nachlesen, wenn Sie links in die Suchfunktion „Verkehrsauffassung” eingeben.