Wie überzogen und umständlich Rechtsprechung betrieben werden kann, dokumentiert eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs samt den vorausgehenden Verfahren.
Nachfolgend gehen wir jedoch nur deshalb auf diese Entscheidung ein, weil es sich um eine der verhältnismäßig seltenen Entscheidungen eines Landesverfassungsgerichts zu Gegendarstellungen handelt und sie sich grundsätzlich positiv für das Alles-oder-nichts-Prinzip ausspricht.
Ein Blick in die Vorgeschichte
Der Beschwerdeführer hatte als Pflichtverteidiger einen - über den Strafprozess berichtenden - Journalisten als „bedauernswerter Schmierfink“ bezeichnet, der „kein Ehrgefühl“ habe „und deshalb nicht nur uneingeschränktes Mitleid, sondern auch Ausgrenzung“ verdiene – und kurzerhand dessen Ausschluss von der Gerichtsverhandlung beantragt. Der Beschwerdeführer wurde wegen Beleidigung verurteilt, worüber eine Tageszeitung berichtete. Der Kläger forderte unter anderem, eine Gegendarstellung abzudrucken, hatte jedoch bereits vor dem Landgericht Hof und dem Oberlandesgericht Bamberg keinen Erfolg.
Die Entscheidung
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (Az.: Vf. 20-VI-08) legte zum einen dar, dass „von einer generellen Aufgabe des 'Alles-oder-nichts-Prinzips' durch die fachgerichtliche Rechtsprechung nicht die Rede sein kann ...” und die Fachgerichte nicht „berechtigt und verpflichtet sind, einen mangelhaften Gegendarstellungstext von sich aus in weitem Umfang zu ändern und in eine Fassung zu bringen, die den presserechtlichen Anforderungen entspricht”. Zum anderen stellte er fest, dass es im zu entscheidenden Fall ohnehin nicht auf dieses Prinzip ankomme, weil die geforderte Gegendarstellung hinsichtlich jedes einzelnen Punktes unzulässig sei.
Verfassungsrechtlich formulierte der Verfassungsgerichtshof: Die Gerichte haben (demnach) die Ausstrahlungswirkung des nach Art. 100 i. V. m. Art. 101 BV gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts, dessen Ausprägung der in Art. 10 BayPrG geregelte Gegendarstellungsanspruch ist, nicht verkannt.