Am 9. April haben wir hier über einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts berichtet, durch den Entscheidungen der Berliner Gerichte (27. Zivilkammer und 10. Zivilsenat) aufgehoben worden waren. Die Verfassungsrichter hatten eine Persönlichkeitsrechtsverletzung eines Rechtsanwalts verneint, aus dessen Schreiben öffentlich zitiert worden war – maßgeblich mit der Begründung, die Äußerung wahrer Tatsachen, zumal aus dem Bereich der Sozialsphäre, müsse regelmäßig hingenommen werden.
Wie von uns prognostiziert, schwenkt der 10. Zivilsenat durch ein jetzt im Volltext bekannt gewordenes Urteil (Az. 10 U 8/10) auf die Linie des BVerfG ein: In einem Rechtsstreit zwischen zwei Angehörigen des ehemals regierenden Hauses Hohenzollern, dem der letzte deutsche Kaiser entstammte, hat er ein vom LG ausgesprochenes Verbot aufgehoben, durch das der eine Prinz dem anderen untersagen hatte lassen, sich öffentlich über einen vom Neffen gegen den Onkel geführten Räumungsrechtsstreit zu äußern. Begründung: „Anders als das Landgericht in seinem Urteil ausführt, wird der Kläger durch die streitgegenständlichen Äußerungen des Beklagten nicht in seiner Privatsphäre, sondern lediglich in seiner Sozialsphäre betroffen. Denn die streitgegenständliche Räumungsklage bezieht sich auf das vom Beklagten bewohnte Haus und nicht auf das Wohnhaus des Klägers. Das Haus gehört unstreitig zu dem Vermögen der Familie Hohenzollern, das vom Kläger als deren Erbe verwaltet wird.“ Im beruflichen Bereich reiche der Schutz „aber nicht so weit, dass der Betroffene gegenüber Kritik abgeschirmt wäre“. „Der Beklagte als von dem Rechtsstreit unmittelbar Betroffener darf kritisieren, dass der Kläger sein Erbe ohne Rücksicht auf familiäre Beziehungen verwaltet.“ Die Revision wurde nicht zugelassen, es ist aber noch eine Nichtzulassungsbeschwerde möglich.
Anmerkung: Aus dem Urteil ergibt sich nicht unmittelbar, wie das Gericht eine Presseberichterstattung gleichen Inhalts beurteilen würde. Wegen eines Teils der verfahrensgegenständlichen Äußerungen war der klagende Prinz parallel aber auch gegen das von unserer Kanzlei vertretene Magazin BUNTE vorgegangen. In der mündlichen Verhandlung machte das Kammergericht klar, dass es auch gegenüber dem Medium keinen Unterlassungsanspruch zubilligen würde. Der Verfügungskläger nahm daraufhin seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.