Das OLG Dresden hat gegen die Oberbürgermeisterin Dresdens entschieden; Az.: 4 U 127/10. Der Prozess „spielt” im Umfeld um die Auseinandersetzung mit der Dresdener Waldschlösschenbrücke. Sie wissen schon: „Weltkulturerbe”.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung:
Die Klägerin und Oberbürgermeisterin machte in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend, ein Gemälde („Frau O….wirbt für das Welterbe“), das sie nackt - mit Amtskette - „vor der als bedrohlich empfundenen Kulisse der Waldschlösschenbrücke“ zeigt, verstoße gegen §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB (analog) i.V.m. §§ 22, 23 KUG. Sie meint, dadurch in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt zu werden.
Das OLG Dresden:
Das streitgegenständliche Gemälde ist - so das Gericht - ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, da es „einen Bezug zu Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse aufweist“. Zwar werde die Freiheit, solche Bildnisse zu zeigen, nicht grenzenlos gewährt: Jedoch könne ein Gemälde, das der Phantasie der Künstlerin entspringt, nicht mit Nacktfotos oder Fotomontagen gleichgesetzt werden, insbesondere weil bei dessen Erstellung - in räumlicher Hinsicht - nicht in die Intimsphäre der Abgebildeten vorgedrungen wurde.
Für die Künstlerin streite - so das OLG weiter - die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG des Grundgesetzes. Bei dem Bild handele es sich im verfassungsrechtlichen Sinne um Kunst. Zudem liege hierin eine satirische Darstellung eines aktuellen politischen Geschehens, die durch die Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt sei.
Das Gericht setzte sich dezidiert mit dem Gemälde und dessen Interpretation auseinander:
„Dass sich die Klägerin dem Betrachter dabei nackt präsentiert, legt freilich die Interpretation nahe, sie sei bereit, für die Waldschlösschenbrücke bis zum äußersten zu gehen und sich gänzlich zu entblößen. ... Damit wird malerisch ein Motiv aufgegriffen, wie es etwa literarisch in Hans Christian Andersens Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ auftaucht...“
Anmerkung: Das erstinstanliche Gericht, das Landgericht Dresden, urteilte gegenteilig. Es zeigt sich wieder einmal, dass bei Abwägungen oft schwerlich das Ergebnis vorhergesagt werden kann. Die Gerichte entscheiden letztlich de facto aufgrund autonomer Dezision („richterlicher Dezisionismus”). Der eine Richter hat diese Vorstellungen, der andere die gegenteiligen. So kommt es, dass in solchen Fällen „der Anwalt dem Mandanten kaum je zuverlässig wird sagen können, wie das Gericht entscheiden wird”, so der ehem. Vorsitzende Richter am Pressesenat des OLG München Prof. Seitz in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW 2000, 118 ff.). Siehe bitte auch die Hinweise über die Suchfunktion links, Stichwort: richterlicher Dezisionismus.