Nach einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München, Az.: M 15 K 08.1938, darf der klagende Verlag nun nach knapp vier Jahren (!) auf einen möglicherweise ihm günstigen Bescheid hoffen, um sich nach Ausspruch einer betriebsbedingten Änderungskündigung (vgl. § 2 KSchG) dann einem umfänglichen Kündigungsschutzprozess gegenüberzusehen:
Da jede (Änderungs-)Kündigung eines Schwerbehinderten nach §§ 85 ff. SGB IX der Zustimmung des Integrationsamtes bedarf, handelt es sich um ein „Beispiel par excellence“ dafür, wie Verwaltungsbehörden notwendige Personalmaßnahmen - leider - unter Umständen unterlaufen. Der Verlag bleibt bekanntlich verpflichtet, bis zum Kündigungsausspruch und zum Ablauf der Kündigungsfrist nichts zu verändern und die Vergütung fortzuzahlen.
Zur Geschichte dieses Verfahrens:
Der klagende Verlag hatte mit Schreiben vom 24. Februar 2005 beim Integrationsamt beantragt, einer zum 31. März 2006 beabsichtigten betriebsbedingten Änderungskündigung zuzustimmen, nachdem der Posten des Betroffenen als geschäftsführender Redakteur in der Fotoredaktion entfallen war. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2005 lehnte das Amt ab. Der Widerspruch vom 16. Januar 2006 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2008 (!, kein Schreibfehler) zurückgewiesen.
Das Urteil:
Auf die am 29. April 2008 hin erhobene Klage hob das Bayerische Verwaltungsgericht München beide Bescheide auf und verpflichtete die Beklagte, über den Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Änderungskündigung erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden:
Das Integrationsamt habe - so das Gericht - den Nichtwegfall des Arbeitsplatzes ohne Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung ebenso wenig unterstellen wie Arbeitsfähigkeit positiv prognostizieren dürfen, nachdem die ärztlichen Stellungnahmen äußerst knapp ausgefallen seien und sich z. T. ausschwiegen. Die Frage eines fehlenden Präventionsverfahrens („Eingliederungsmanagement“) sei in diesem Zusammenhang nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, sondern lediglich Ermessensgesichtspunkt. Vor allem seien die Arbeitgeberinteressen an der Erhaltung betrieblicher Gestaltungsmöglichkeiten mit denen des Schwerbehinderten am Erhalt seines Arbeitsplatzes nicht ordnungsgemäß abgewogen, wenn lediglich formelhaft festgestellt werde, entstehende Schwierigkeiten seien im Rahmen der Fürsorgepflicht zuzumuten.