Unzählige Male fragen sich Parteien bei ihres Erachtens ungerechtfertigten Klageforderungen, ob sie wirklich den eingeklagten Betrag rückstellen müssen, oder ob sie gar überhaupt von einer Rückstellung absehen können. Entsprechend wertvoll ist nun ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M.
Das OLG Frankfurt hatte in einem Anfechtungsverfahren von Aktionären der Deutschen Bank gegen einen Gewinnverwendungsbeschluss zu entscheiden. Nach Ansicht der Aktionäre war im Jahresabschluss der Deutschen Bank zu Unrecht für das Prozessrisiko aus der Klage von Leo Kirch (Streitwert € 100 Mio.) keine Rückstellung gebildet worden. Das OLG Frankfurt stellte dagegen in seinem Urteil Az.: 23 U 90/07 jüngst fest, dass in diesem Falle keine Rückstellung gebildet werden musste. Ausführlicher:
Auf die Bildung einer Rückstellung bei Passivprozessen kann im Einzelfall - so das OLG - verzichtet werden, "wenn eine praktische, nachvollziehbare Betrachtung der Prozesschancen zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz gute Verteidigungsaussichten ergibt und überdies die Höhe des unbezifferten Schadens nicht vernünftig abschätzbar ist". Entscheidendes Argument gegen eine Rückstellungsbildung war für das OLG im entschiedenen Fall, dass zum Aufstellungszeitpunkt eine haftungsbegründende Kausalität nicht wahrscheinlich erschien. Es sprach außerdem Einiges dafür, dass eine etwaige Verurteilung der Deutschen Bank durch eine Versicherung abgedeckt ist.
Anmerkung: Nach dem rechtsmethodischen Grundsatz der Gleichbewertung des Gleichsinnigen muss es dementsprechend bei überzogenen Klageforderungen möglich sein, vorsichtig realistisch zu reduzieren.