Der Fall sorgte vor kurzem für Schlagzeilen: Gegen das in Untersuchungshaft genommene Mitglied einer bekannten deutschen Popgruppe wurde wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft:
Die Sängerin soll einen Mann bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit dem HIV-Virus angesteckt haben.
Aufgrund einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft griff die Presse den Vorgang auf, was zu heftigen öffentlichen Diskussionen und der Fragestellung führte, ob die Betroffene „Täterin oder (medienrechtliches) Opfer“ sei. Im Vordergrund stand dabei – wie meist in medienrechtlichen Fällen – die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht (der Sängerin) und dem Recht der Medien und der Bevölkerung auf Berichterstattung und Information.
Das Kammergericht hat in einem nun veröffentlichtem Beschluss Az.: 9 W 123/09 entschieden, dass die Berichterstattung aufgrund des überwiegenden Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit gerechtfertigt war.
Aus den Beschlussgründen:
Weder die Mitteilung, dass die Betroffene mit dem HIV-Virus infiziert sei, noch die Mitteilung des Tatvorwurfs, wonach sie mit anderen Personen ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt habe, stelle einen Eingriff in ihre Intimsphäre dar. Die Bekanntgabe dieser – lediglich der Privatsphäre zuzuordnenden - Einzelheiten sei vielmehr notwendige Folge der Mitteilung des Gegenstandes des Ermittlungsverfahrens.
Dabei durfte die Presse auch über den Inhalt eines in diesem Zusammenhang ergangenen Haftverschonungsbeschlusses berichten, da - so das Gericht - die Öffentlichkeit ein legitimes Interesse besitze, zu erfahren, welche Gründe für die gerichtliche Entscheidung maßgeblich waren, die Sängerin unter Aufrechterhaltung des Haftbefehls vom weiteren Vollzug der Untersuchungshaft zu verschonen. Das Kammergericht hat dazu bestätigt, dass die Presse durch die lediglich sinngemäße und verkürzte Zusammenfassung des Haftverschonungsbeschlusses nicht den Straftatbestand des § 353d Nr.3 StGB („Verbotene Mitteilung über amtliche Schriftstücke eines Strafverfahrens“) verwirklichte.