Da Medienrechtler die komplexe Problematik vollständig kennen müssen, beschreiben wir eine neue Entscheidung des Landgerichts Hamburg nachfolgend in einem umfangreicheren Rahmen.
Es entspricht ständiger Praxis der Hamburger Pressegerichte, nach mehreren persönlichkeitsrechtsverletzenden Bildnisveröffentlichungen von Kindern sog. „Totalverbote“ auszusprechen. Diese Totalverbote sind ganz allgemein und ohne konkrete Bezugnahme darauf gerichtet, die Veröffentlichung von „Bildnissen dieser Person“ zu unterlassen.
Dies hat u.a. zur Folge, dass die Zulässigkeit schlechthin jeder weiteren Bildveröffentlichung „an sich” lediglich noch im Vollstreckungsverfahren geprüft werden kann und die im Einzelfall gebotene Güterabwägung einem Erkenntnisverfahren entzogen ist. Die Zulässigkeit dieser Hamburger Praxis ist derzeit Gegenstand zweier von uns initiierter Revisionsverfahren beim Bundesgerichtshof (VI ZR 314/08 und 315/08). Der BGH wird sich voraussichtlich auch mit seiner den Hamburger Urteilen entgegenstehenden Rechtsprechung auseinandersetzen, der zufolge sich Unterlassungsansprüche nur auf ein konkretes Bildnis beziehen dürfen (VI ZR 269/06).
Die Fragwürdigkeit der Hamburger Praxis veranschaulicht ein uns am 8. Januar zugestellter Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 30.12.2008 (324 O 532/04). Mit ihm wurde ein Ordnungsmittelantrag zurückgewiesen, der auf der Grundlage eines im Jahre 2005 verfügten „Allgemeinverbotes“ beantragt worden war, und der sich gegen eine Bildveröffentlichung aus dem Jahre 2008 richtete. Das Gericht musste feststellen, dass das beanstandete Foto ein zeitgeschichtliches Ereignis bebildert und die Eltern sich mit dem Kind anlässlich einer öffentlichen Veranstaltung bewusst dem Publikum zugewendet haben. Diese Fotopublikation wird zwar vom Wortlaut des Totalverbots erfasst, kann aber schwerlich verboten sein. Das Landgericht Hamburg löst das Problem mit der Begründung, das Allgemeinverbot beinhalte eine „immanente Schranke“ und aufgrund dieser immanenten Schranke sei in diesem Falle das Verbot nicht verletzt.
Vergleichbar hatte das OLG Hamburg in einem parallel gelagerten Fall bereits mit einem Beschluss vom 27.02.2006 (7 W 8/06) entschieden, dass das Foto der Schwester des Klägers dieses neuen Verfahrens gezeigt werden durfte und deshalb der Ordnungsmittelantrag zurückzuweisen ist. Siehe hierzu unseren Eintrag vom 24. März 2006.
Wir werden über den Verlauf der vom BGH zu entscheidenden Musterverfahren selbstverständlich berichten.