Veranlasst wurde die neue Rechtsprechung durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 24. Juni 2004. In seinem gestern verkündeten Urteil hat der BGH - soweit sich dies der Presseerklärung Nr. 120/2008 entnehmen lässt - allein schon im Hinblick darauf gegen die ehemalige Ministerpräsidenten Simonis entschieden, dass der EGMR in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 zwischen Politikern und anderen öffentlichen Personen unterscheidet. Im Volltext liegt das Urteil noch nicht vor.
„Für Personen des politischen Lebens ist ein gesteigertes Informationsinteresse des Publikums anzuerkennen”, heißt es in der Presseerklärung im Anschluss an diese Unterscheidung. Und die Mitteilung der Pressestelle fährt fort:
„Die Information darüber, wie sich die bisherige Regierungschefin in dieser Situation [Ablösung unter spektakulären Umständen] präsentierte, hatte einen Bezug zur politischen Debatte”, auch wenn die Fotos Frau Simonis nur in einem gut besuchten Einkaufszentrum zeigen. Wie schon in den von BUNTE gewonnenen höchstrichterlichen Caroline-Entscheidungen der Jahre 1995 (BGH) und 1999 (BVerfG) wird gerichtlich berücksichtigt, jedoch nicht als Bedingung erklärt, dass die Fotos die Prominente in unverfänglichen Situationen abbilden.
Zusätzlich hat der BGH einen Anspruch auf Vernichtung oder Herausgabe von Archivfotos zum Einkauf am Tag nach der Ablösung als Ministerpräsidentin verneint. Vorbereitend hatte Frau Simonis einen Auskunftsanspruch geltend gemacht. Ausgewirkt hat sich zu diesem Teil der für die Medien günstigen Entscheidung, dass der BGH vor allem seit seinen Entscheidungen vom 6. März 2007 strikt Fotos in Zusammenhang mit dem Text beurteilt und dementsprechend differenziert: In der Regel lässt sich nicht im vorhinein feststellen, dass ein Foto nicht publiziert werden darf; es kann einen Text zu einem Ereignis von allgemeinem Interesse geben, der mit einem bestimmten Foto illustriert werden darf. Ausnahmsweise lässt sich die Rechtswidrigkeit nur - so der BGH in seiner Pressemitteilung - bei Fotos aus dem Bereich der Intimsphäre vorhersagen, oder wenn die Fotos rechtswidrig gefertigt oder erlangt wurden.