Eine typische Meldung über den von den Ministerpräsidenten beschlossenen Arbeitsentwurf:
„Schlappe für ARD und ZDF: Die Ministerpräsidenten der Länder setzen den Online-Aktivitäten der Öffentlich-Rechtlichen enge Grenzen. Sie lehnen eine gebührenfinanzierte 'elektronische Presse' ab ... Eine 'elektronische Presse', die mit Gebührengeldern finanziert wird, soll es nach dem Willen der Ministerpräsidenten nicht geben”. So Spiegel Online vom 12. 6. 2008; bislang hatte Spiegel Online dagegen hervorragend analysiert.
Oder, genauso falsch, Presseerklärung des Deutschen Journalistenverbandes vom 12. Juni: „Demnach dürfen die Online-Angebote von ARD und ZDF keine elektronische Presse darstellen.”
Ebenso unrichtig die generelle Erklärung in der SZ von heute, Seite 15:
„Nicht erlauben wird die Medienpolitik den öffentlich-rechtlichen Sendern die sogenannte 'elektronische Presse'.”
Richtig ist jedoch: Sendungsbezogen ist ARD und ZDF auch nach dem Beschluss von gestern elektronische Presse erlaubt. Gestern ist zudem beschlossen worden, dass der 12. Rundfunkstaatsvertrag ARD und ZDF in ihren Internetaktivitäten finanziell nicht begrenzen soll. Bei aberhundert Fernseh- und Hörfunksendungen täglich mit einem Aufwand von mehr als sieben Milliarden Euro jährlich und fehlender „Deckelung” der Kosten können ARD und ZDF täglich presseähnlich berichten und kommentieren. Zu jedem Thema lässt sich im Fernsehen und im Hörfunk senden.
ARD und ZDF können damit das Verbot einer elektronischen Presse ohne Sendungsbezug ins Leere laufen lassen. Der Rundfunkstaatsvertrag ist demnach in der geplanten Fassung europarechtswidrig, und er verstößt gegen die deutsche Verfassung. Der Verfasser dieser Zeilen hat diese Rechtswidrigkeit in epd medien vom 7. Juni auf den Seiten 31 bis 34 detailliert beschrieben. Vgl. auch die Zusammenfassung durch Dr. Volker Lilienthal a.a.O. auf Seite 17.
Die Kommissarinnen Vivian Reding und Neelie Kroes haben im Übrigen bereits klar dargelegt, dass ARD und ZDF den Wettbewerb nicht mit einer gebührenfinanzierten öffentlichen Presse verzerren dürfen.
Wenn Sie sich dafür interessieren, wie rechtmäßig formuliert und auch die Entwicklungsgarantie für ARD und ZDF gewahrt werden könnte, hier ein Vorschlag:
In den grundrechtlich umhegten Freiheitsbereich der privaten Inhalteanbieter darf [wie das Bundesverfassungsgericht früher schon entschieden hat] in der Regel nicht eingegriffen werden. Folglich sind insbesondere gebührenfinanzierte digitale, presseähnliche Textdienste grundsätzlich ausgeschlossen. Zum gebührenfinanzierten Rundfunk wird in der Weise abwägend abgegrenzt, dass die Sender im Internet rundfunkähnliche Dienste anbieten dürfen.” Vgl. epd medien a.a.O. Seite 33.