Mit einer Verfassungsbeschwerde gewann ein Verlag gegen ein Urteil des BGH vom 7. März 2007, weil der BGH eventuell die von ihm aufgestellten Grundsätze nicht hinreichend befolgt hat. Diese Sache wurde an den BGH zurückverwiesen. Prinzessin Caroline von Hannover verlor mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen ein anderes Urteil des BGH ebenfalls vom 6. März 2007 und auch im Übrigen bleibt es weitgehend - mit einigen Verbesserungen für die Medien - bei der Rechtsprechung des BGH. Nach dieser BGH-Rechtsprechung kommt es darauf an, ob die Bildpublikation einen Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse bietet. Illustriert das Bild - so der BGH am 6. März 2007 - einen Text, kann das Foto aufgrund dieses Textes zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse beitragen.
Der Leitsatz des Beschlusses vom 26. Februar 2008 - Az.: 1 BvR 1602/07, 1606/07, 1626/07 - ist unergiebig. Er beschreibt nur in einem Satz das Thema des Beschlusses. Es ist deshalb verständlich, dass die Agenturmeldungen von heute teilweise missverständlich sind.
Wir versuchen nachfolgend - möglichst mit den Worten des Beschlusses - Leitsätze zusammen zu stellen:
1. „So wie das BVerfG in der Leitentscheidung vom 15. Dezember 1999 lediglich geprüft hat, ob das seinerzeit [vom BGH] angewandte Schutzkonzept die verfassungsrechtlichen Grenzen wahrte, ist das Gericht auch im Hinblick auf das [nun vom BGH am 6. März 2007 zu Lasten der Medien] veränderte Schutzkonzept auf die Prüfung der Verletzung verfassungsrechtlicher Vorgaben durch den Bundesgerichtshof beschränkt” (heute veröffentlichter Beschluss in Rn 79). Anmerkung: Auf dieser Basis musste das BVerfG nicht entscheiden, ob es heute trotz des Straßburger Urteils vom 24. Juni 2004 noch einmal so - eher medienfreundlich - urteilen würde wie am 15. Dezember 1999.
2. Die vom Bundesgerichtshof am 6. März 2007 revidierte Rechtsprechung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu beanstanden ist nur in einer der beurteilten Rechtsstreitigkeiten, dass die vom BGH selbst vertretenen Grundsätze eventuell nicht genügend befolgt worden sind.
3. Das BVerfG bleibt bei seiner Grundaussage: „Eine Begrenzung der Bildveröffentlichungen auf die Funktion einer Person von zeitgeschichtlicher Bedeutung würde ... das öffentliche Interesse, welches solche Personen berechtigterweise wecken, unzureichend berücksichtigen und zudem eine selektive Darstellung begünstigen, die dem Publikum Beurteilungsmöglichkeiten vorenthielten, die es für Personen des gesellschaftlich-politischen Lebens wegen ihrer Leitbildfunktion und ihres Einflusses benötigt” (Urteil des BVerfG vom 15. 12. 1999, Az.: 1 BvR 653/96).
4. Deshalb „dürfen auch die Normalität des Alltagslebens oder in keiner Weise anstößige Handlungsweisen der Öffentlichkeit vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann” (heute veröffentlichter Beschluss vom 26. 2. 2008 Rn 60).
5. Es „genügt, wenn von der Berichterstattung politische oder sonst bedeutsame Fragen jedenfalls in gewissem Umfang behandelt werden” (a.a.O. Rn 100 mit einem Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte).
6. „Auch der 'bloßen Unterhaltung' kann ein Bezug zur Meinungsbildung nicht von vornherein abgesprochen werden” (Beschl. v. 26. 2. 2008 Rn 62).
7. „Gerade bei unterhaltenden Inhalten bedarf es allerdings der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, etwa der Frage, ob private Angelegenheiten ausgebreitet werden, die lediglich die Neugier befriedigen” (a.a.O. Rn 65).
8. „Im Zuge der Gewichtung des Informationsinteresses haben die Gerichte allerdings von einer inhaltlichen Bewertung der betroffenen Darstellungen als wertvoll oder wertlos, als seriös und ernsthaft oder unseriös abzusehen und sind auf die Prüfung und Feststellung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung zu erbringen vermag” (a.a.O. Rn 67).
9. Es ist nicht zu beanstanden, dass es „der Bundesgerichtshof für maßgeblich angesehen hat, dass es sich [in dem einen von ihm entschiedenen Fall] ausschließlich um einen Bericht über Urlaubsverhalten gehandelt hat” (a.a.O. Rn 91). In einem solchen Falle durfte der BGH annehmen, dass die Bildpublikation rechtswidrig ist.
10. Der Schutz der Pressefreiheit schließt nach der Europäischen Menschenrechtskonvention wie nach dem Grundgesetz „insbesondere die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung einer Medienberichterstattung ein” (heute veröffentlichter Beschluss in Rn 57).
11. „Der Verzicht auf die Figur der absoluten und relativen Person der Zeitgeschichte widerspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht” (a.a.O. in Rn 81).