Beklagt wird immer wieder, dass in Auseinandersetzungen mit der Presse Hamburg wegen größerer Pressefeindlichkkeit als Gerichtsstand vorgezogen wird. Über dieses Thema ist nun schon mehrfach publiziert worden. Hier ein neuer Fall, der dafür spricht, dass diese Klage über eine Einseitigkeit der Hamburger Rechtsprechung zutrifft:
Am 11. Oktober 2006 und am 1. März 2007 haben wir an dieser Stelle über Frankfurter Urteile berichtet, die zugunsten der Archive entschieden haben, dass ursprünglich rechtmäßige Meldungen in Archiven belassen werden können.
Entgegen dieser Rechtsprechung verlangt nun das Landgericht Hamburg, Az.: 324 0 250/07, dass in Archiven Artikel anonymisiert werden, sobald die Resozialisierungszeit beginnt.
Im entschiedenen Fall konnte - wenn der Name als Suchbegriff eingegeben wurde - ein Artikel eingesehen werden, der über einen im Jahr 1992 begangenen Mord berichtete. Der Täter war 1993 zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
In Frankfurt waren die Anträge für denselben Täter gestellt worden. Allein schon der fliegende Gerichtsstand erlaubt bekanntlich, gegen einen anderen Archiv-Artikel in Hamburg gerichtlich vorzugehen.
Die Frankfurter Gerichte urteilten: „Eine derartige Kontrollpflicht würde die öffentliche Aufgabe, die der Presse im Hinblick auf die Information der Öffentlichkeit über aktuelle Ereignisse zukommt, über Gebühr beeinträchtigen.
Das LG Hamburg meint dagegen unter Berufung auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs, dass „der technische Fortschritt, der die Speicherung und Zugänglichmachung von Daten in immer weiterem Umfang zulässt, nicht dazu führen darf, dass Persönlichkeitsrechtsverletzungen eher hinzunehmen sind”.
Diese Begründung reicht sogar über Resozialisierungsfälle weit hinaus. Wörtlich genommen erfasst sie zumindest alle Fälle, welche Persönlichkeitsrechte nur für einige Zeit einschränken.
Eine Mitte ist - wie zu anderen Fallgruppen - denkbar, nämlich: Nach einem Hinweis muss, soweit es öffentliche Bekanntgaben betrifft, anonymisiert werden. Abmahngebühren fallen jedoch nicht an, weil zur Zeit des Hinweises keine Begehungsgefahr besteht. Eine solche Lösung muss jedoch noch geprüft werden, weil insbesondere journalistische und wissenschaftliche Belange verbieten, generell zu anonymisieren.