Ein Berliner Verfahren dokumentiert die täglichen Schwierigkeiten der Presse bei der Beurteilung der Rechtslage und wie Recht Prof. Seitz hatte, als er in der NJW aufklärte: „Der Anwalt wird dem Mandanten kaum je zuverlässig sagen können, wie das Gericht entscheiden wird. .. Ach, der Richter ist so frei!”
Bezogen hat sich Prof. Seitz, ehemals Vorsitzender des OLG München-Pressesenats, zwar sicher nicht auf die Routinefälle. Aber dieses Berliner Verfahren zum bekannten Ehrenmord Sürücü veranschaulicht, wie weit der Unsicherheitsbereich reicht.
Das Landgericht Berlin hatte noch unter Az.: 27 0 846/06 geurteilt, dem „berechtigten Interesse, im privaten Alltagsleben nicht von Fotoreportern behelligt” und „von der Presse nicht in das Licht der Öffentlichkeit gezerrt zu werden”, stehe „kein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber”.
Der 10. Zivilsenat des Kammergerichts beurteilte die Sach- und Rechtslage genau geegenteilig. Er änderte das Urteil des LG Berlin und wies in seinem uns jetzt zugestellten Urteil Az.: 10 U 57/07 die Unterlassungsklage ab. Aus der Begründung:
„Es geht in dem streitgegenständlichen Bericht entgegen den Ausführungen der Klägerin auch nicht um ihr Privatleben, sondern um einen Aufsehen erregenden Mordfall und die Rolle, die sie und ihre Familie bei der Tat und im Prozess gespielt haben. In diesem Zusammenhang ist sowohl eine kontextneutrale Bildnisveröffentlichung ... zulässig” als auch ein Foto, das „nach Auffassung des Senats geeignet ist, die im Fließtext aufgestellte These zu untermauern ...”.