Das Oberlandesgericht Nürnberg meint: „Derjenige, der sich als solcher [Spezialist] bezeichnet, muss Kenntnisse und Erfahrungen haben, die über die eines Fachanwalts hinausgehen”.
Dieses Urteil Az.: 3 U 2675/06 bemüht sich auch sonst, den Begriff „Spezialist” stark einzuschränken, wenn nicht gar - so gut es geht - als Bezeichnung für Juristen abzuschaffen.
Offenbar entspricht dieses Urteil - trotz oder wegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Az.: 1 BvR 159/04 - einer Tendenz. Am 25. August 2006 haben wir an dieser Stelle über ein Urteil des Landgerichts Kiel berichtet, in dem es heißt:
„Unter dem Begriff des Spezialisten wird eine Person verstanden, die über eine langjährige Berufserfahrung verfügt, sich ausschließlich um ein Fachgebiet kümmert und Mandate aus anderen Gebieten ablehnt.” Also, ein Jurist, der so fixiert sein muss, dass er sich nach vielen Jahren nur um ein Fachgebiet kümmert und darüber hinaus Aufträge aus anderen Fachgebieten ablehnt.
„Spezialist” = besonders guter Fachidiot?
Wem diese Rechtsprechung unverständlich erscheint, kann das Problem schnell ausfindig machen. Das OLG Nürnberg formuliert:
„Der Senat teilt ... die Ansicht, dass die Verwendung des Begriffs 'Spezialist für Versicherungsrecht' beim Verbraucher eine noch höhere Erwartung als die bezogen auf die Bezeichnung 'Fachanwalt für Versicherungsrecht' hervorruft: ...”. Auch das BVerfG, der BGH und auch das Urteil des LG Kiel stellen zu Recht auf das Verständnis der Verkehrsadressaten ab.
Aber, wie fassen die Adressaten auf?
„Der Verbraucher”, so als ob alle Verbraucher gleich auffassten, das gibt es sowieso nicht. Wie aufgefasst wird, ist eine Sachverhaltsfrage. Wer sich gegen die enge Rechtsprechung wenden möchte, muss deshalb darlegen und beweisen, dass die Adressaten anders auffassen. Am sichersten lässt sich der Beweis nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit einer repräsentativen Umfrage führen.
Ausgewirkt hat sich auf die Einstellung der Gerichte möglicherweise jeweils rechtspsychologisch, dass in den einzelnen Fällen der Sachverhalt geradezu anspornte, gegen die Anwälte zu entscheiden.