Wir wurden von Nutzern gebeten, die beiden untersagten Fotos und die begleitenden Texte ins Netz zu stellen, damit das Grönemeyer-Urteil des BGH vom Dienstag vielleicht besser verstanden werden kann. Vgl. zu diesem Urteil bitte unsere Hinweise vom Dienstag und Mittwoch, also 19. und 20 Juni..
Zu den Fotos: Zwar besteht nach Ansicht der Verfassers dieser Zeilen (RA Schweizer) unfraglich eiin berechtigtes Interesse, darüber informiert zu werden, wie die untersagten Fotos überhaupt aussehen. Nach der Rechtsprechung müssen wir jedoch befürchten, dass selbst diese Information rechtswidrig sein könnte.
Das wichtigste Foto zeigt Grönemeyer mit seiner neuen Lebenspartnerin auf einer belebten Straße in Rom inmitten anderer Fußgänger. Beide geben sich so, wie andere Passanten auch. Beide wurden nicht belästigt oder irgendwie gestört.
Der Begleittext:
Der Begleittext gewinnt, wie in den letzten Tagen von uns an dieser Stelle mit weiteren Hinweisen beschrieben, nach den Urteilen des BGH vom 6. März 2006 Bedeutung. Aus dem Text kann sich ergeben, so der BGH, dass das Foto einen Artikel illustriert, der „zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beiträgt” und deshalb rechtmäßig ist. Im Fall Grönemeyer soll der Begleittext jedoch nicht zu einer Debatte von allgeinem Interesse beitragen.
Hier nun der Begleittext, die BU zu dem beschriebenen Foto - also das neue Paar auf offener Straße unter Passanten, unbehelligt und wohlwollend:

Jede Journalistin und jeder Journallist weiß, was es es für ihn bedeutet, wenn er solche Texte nicht mehr illustrieren darf. Warum dieser Begleittext für eine Fotopublikation des neuen Paares nicht ausreichen soll, ergibt sich aus der Pressemitteung des BGH nicht. Es heißt nur, die Situation sei privat. Der Volltext des Urteils ist noch unbekannt.
Die Entscheidung ist auch deshalb von größter Bedeutung: Die Juristen wenden methodisch den Grundsatz der Gleichbewertung des Gleichsinnigen und das „argumentum a majore ad minus” an.
Das heißt, es wird künftig - ausdrücklich oder incidenter - argumentiert werden: Wenn bei Grönemeyer trotz des Interesses von Abermillionen nicht zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beigetragen wird, dann genauso wenig in dem nun zu entscheidenden Fall.
Noch schlimmer: Die Rechtsprechung tendiert nach und nach dahin: Wenn ein Foto nicht publiziert werden darf, dann ebenso nicht der dazu gehörende Text. Im Grönemeyer-Fall dürfte nach dieser Tendenz nicht nur bildlich, sondern auch textlich nicht berichtet werden, Grönemeyer sei mit Freundin in Rom gesehen worden. Dann entfällt die Pressefreiheit insoweit vollkommen.
Nach 1945 wurde - nach den Erfahrungen der Vergangenheit und auch mit Blick auf die im anglo-amerikanischen Recht herrschende Redefreiheit - die Pressefreiheit neu geboren. Diese Epoche wäre nun in einem wichtigen Teil beendet, wenn nicht das Bundesverfassungsgericht noch eingreift. Das Bundesverfassungsgericht hat, worauf wir immer wieder hinweisen, rechtssoziologisch und kommunikationswissenschaftlich dargelegt:
Bestimmte Personen sind - positiv oder negativ - Leitbilder. Von Kindesbeinen an - fügt der Verf. dieser Zeilen nach den rechtssoziologischen Erkenntnissen hinzu - ist ausnahmslos jeder auf Leitbilder angewiesen. Es gehört, so das Bundesverfassungsgericht bislang, zur Pressefreiheit, in Text und Bild die Realität über diese Leitbilder zu vermitteln. Sonst werden die Medien gezwungen, insoweit zum gesteuerten Hofberichterstatter zu degradieren.
Es bliebe in diesem Bereich nur: die Vermarktung der Prominenten durch PR-Agenten. Die Medien hätten insoweit ausgedient.