Die Agenturen titeln seit einer Stunde durchgehend: „Karlsruhe stärkt Pressefreiheit”. Zu besonders grosser Freude besteht jedoch - im Verhältnis zur bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - kein Anlass. In seinem Kern besagt das Urteil:
1. Allein schon die Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses in der Presse rechtfertigt, ein Ermittlungsverfahren gegen einen Journalisten einzuleiten und ihn damt zum Beschuldigten zu machen.
2. Das (zugunsten der Presse wirkende) Beschlagnahmeverbot des § 97 der Strafprozessordnung gilt nicht, wenn der Journalist Beschuldigter ist. Diese Rechtsprechung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
3. Aber - in diesem Sinne hatte sich das BVerfG jedoch auch schon früher grundsätzlich zugunsten der Presse geäußert:
Allein aufgrund der Tatsache, dass der Journalist Beschuldigter ist, darf noch nicht durchsucht und beschlagnahmt werden. Es müssen spezifische tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Haupttat (des Geheimnisträgers) hinzukommen, an welcher sich der Journalist beteiligen konnte. An dieser Voraussetzung fehlte es im BVerfG-Fall Cicero.
4. Es wird keine Stellung zu der überwiegend in der Literatur vertretenen Meinung genommen, dass Journalisten nicht wegen so genannter sukzessiver Beihilfe belangt werden dürfen. Das heißt, über den Journalisten schwebt nach wie vor das Damoklesschwert, dass sie aufgrund einer planmäßigen Veröffentlichung wegen Beihilfe zu § 353 b des Strafgesetzbuches bestraft werden können; also wegen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht.
Az.: 1 BvR 538/06; Urteil vom 27. Februar 2007.