Die Vorgeschichte:
Das Linzer Bezirksgericht hatte wegen Beleidigung verurteilt. Der Anlass: In einer Zeitschrift des Verlages waren Homosexuelle als „kriechende Ratten” bezeichnet worden mit der Empfehlung, sie mit „der Peitsche” und „Nazi-Methoden” zu bestrafen. In der Urteilsbegründung beschrieb das Linzer Bezirksgericht, um seine negative Beurteilung zu rechtfertigen, mit präzisen Beispielen homosexuelle Praktiken bei Tieren.
Ein Journalist warf dem Linzer Richter in der österreichischen Tageszeitung „Der Standard” vor, er habe mit den „schockierenden Beispielen aus der Tierwelt” eine hasserfüllte Hetzkampagne gegen Homosexuelle geführt und es sei zu bezweifeln, ob der Richter über die erforderliche „intellektuelle und moralische Integrität” verfüge. Der Journalist kritisierte darüber hinaus, Gerichtsverfahren müssten sich besser „von den Traditionen mittelalterlicher Hexenprozesse” unterscheiden.
Das Landgericht St. Pölten verhängte am 9. 10. 1999 wegen übler Nachrede gegen einen Richter Geldbußen.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte:
Das Straßburger Gericht verurteilte Österreich wegen Verletzung des Rechts auf Meinungs- und Pressefreiheit durch diese gerichtliche Verurteilung wegen übler Nachrede gegen einen Richter.
Sie können diese erst gestern verkündete Entscheidung Az.: 60899/00 hier nachlesen. Den Statuten des Straßburger EGMR entsprechend, ist die Entscheidung nur in englischer und französischer Sprache abgefasst. Es ist üblich, dass das Justizministerium des verurteilten Landes die Entscheidung übersetzt. „Der Standard” wird es sich aber nicht nehmen lassen, umgehend eine Übersetzung vorzulegen.
Ebenfalls gestern erließ der EGMR zwei weitere Urteile gleichermaßen gegen den Staat Österreich zu Artikeln, die im „Standard” veröffentlicht und zu denen Geldbußen sowie Auflagen verhängt worden waren. Diese Artikel richteten sich gegen die Politiker Haider und Stadler, damals beide FPÖ. Diese Urteile des EGMR - Az.: 19710/02 und 13071/03 - können Sie hier nachlesen.
Wir werden diese Urteile selbstverständlich noch analysieren. Im Mittelpunkt dieser Analyse wird der Begriff des „Wachhundes” stehen.