Hier können Sie vollständig den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin mit der einstweiligen Anordnung, VG 2 A 72.06, einsehen. Da die Namen bekannt sind, wurde nicht anonymisiert.
Grundgedanke des Beschlusses ist, dass „Journalisten die Opfer der BND-Schnüffeleien sind und vor einer zweiten Diffamierung durch eine Veröffentlichung in ihren Persönlichkeitsrechten geschützt werden müssen”(FOCUS-Chefredakteur Helmut Markwort). Jahrelang war der bespitzelte Journalist auch im privaten Umfeld, also samt Familie und Bekannten, verfolgt worden.
Juristisch ist der Beschluss zusätzlich aus einer ganzen Reihe von Gründen bemerkenswert:
-- Anträge zu (drohenden) Maßnahmen des Parlamentarischen Gremiums des Bundestages zur Kontrolle der Geheimdienste (PKG) müssen gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet werden (Passivlegitimation).
-- Zuständig ist (zunächst) die Verwaltungs-, nicht die Verfassungsgerichtsbarkeit.
-- Der Unterlassungsanspruch wird unmittelbar aus dem sich aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Recht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitet.
-- Für die Veröffentlichung personenbezogener Daten aus dem Schäfer-Bericht über die Bespitzelung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst fehlt eine gesetzliche Grundlage, welche doch einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der informationellen Selbstbestimmung erlaubte.
-- Das Kontrollgremiumgesetz regelt ausschließlich Aufgabe, Befugnisse und Pflichten des Parlamentarischen Kontrollgremiums gegenüber der Bundesregierung und den Nachrichtendiensten bzw. dem Deutschen Bundestag, nicht aber gegenüber Dritten.
-- Auch die verfassungsrechtliche Aufgabenstellung des Parlaments rechtfertigt nicht die Grundrechtseingriffe. Personenbezogene Daten dürfen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur zur Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit bekannt gemacht werden.
-- Geschützt ist ebenfalls das gesprochene Wort und damit Gesprächsinhalte.
Nach dieser Begründung wird davon ausgegangen werden müssen: Das Parlamentarische Kontrollgremium darf personenbezogene Daten von Opfern nicht etwa solange verbreiten bis der Betroffene widerspricht. Vielmehr dürfen personenbezogene Daten erst verbreitet werden, wenn und soweit Opfer eingewilligt haben. Juristisch handelt es sich nach dem Beschluss - ohne dass er diesen Fachausdruck gebraucht - um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.