Beispielsweise zur Marke FOCUS stellt sich immer wieder die Frage, warum ein Dritter, wenn auch in einer entfernten Klasse, zur Kennzeichnung ausgerechnet „Focus” wählt, allein oder in Zusammensetzungen. Zur rechtlichen Bedeutung hat sich nun das Thüringer Oberlandesgericht - 2 U 1019/04 - in einem Rechtsstreit „Deutsche Anwaltshotline” ./. „deutsche Anwalthotline.de” geäußert .
Das OLG hat einen Unterlassungsanspruch nach §§ 8 I, 4 Nr. 10 UWG wegen individueller Marktbehinderung zuerkannt. Im Rahmen der Gesamtwürdigung ging das Gericht auf die Frage nach dem nachvollziehbaren Grund ein. Das Oberlandesgericht wörtlich:
„Mit in die Abwägung einzustellen ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Verfügungsbeklagte keinen nachvollziehbaren Grund dargelegt hat, warum er gerade diese Bezeichnung gewählt hat bzw. auf diese angewiesen ist, um sich im Geschäftsleben bzw. im Internet darzustellen. Die eigentliche Geschäftsbezeichnung für die Rechtsberatung des Beklagten (und auch alle anderen zwischengeschalteten Unternehmen) ist eine völlig andere, nämlich 'Teleanwalt'. ... Zwar mag auch der Verfügungsbeklagte ein berechtigtes Interesse haben, Domains mit Begriffen, die in sachlichem Zusammenhang mit dem eigenen Tätigkeitsfeld stehen, zu sammeln, um von dort auf eigene Seiten weiterzuleiten. Dies gilt aber nicht bei der vorliegend gegebenen starken, ja nahezu täuschenden Ähnlichkeit der Bezeichnung. Beschränkt sich das Interesse nur darauf, sich an diese bereits vorhandene (zudem prioritätsältere) Bezeichnung anzulehnen und von Tippfehlern oder Schreibfehlern zu profitieren, so ist dies kein anerkennenswerter Grund. ...”
Für die zu Beginn erwähnten FOCUS-Fälle gelten diese Überlegungen argumentum a majore ad minus.
Zum Verhältnis Kennzeichenrecht/gewerblicher Rechtsschutz ist hilfreich, dass das Urteil klar herausstellt:
Trotz fehlenden kennzeichenrechtlichen Schutzes ist ein Rückgriff auf wettbewebsrechtliche Abwehransprüche dann möglich, wenn sich die Wettbewerbswidrigkeit aus anderen als den von §§ 14, 15 MarkenG erfassten ergibt. Dies ist gerade bei einer gezielten Behinderung der Fall, da das Markenrecht diesbezüglich keinen Schutz zur Verfügung stellt.” Dieses - äußerst umfassende - Urteil wurde bereits im Magazindienst 3/2006 veröffentlicht.