Jahrzehntelang haben die Gerichte geurteilt, gewerbliche Fotografen würden gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoßen, wenn sie Schulen und Kindergärten besuchen, dort fotografieren und dann Kindern und Eltern die Fotos zum Kauf anbieten. Empirisch Rechtstatsachen zu ermitteln, haben die Gerichte abgelehnt. Wörtlich:
„Der Einholung eines empirischen Rechtsforschungsgutachtens hierzu bedurfte es nicht. Denn das Gericht gehört selbst zu den Kreisen, deren Kaufentschluss durch das Vorgehen der Beklagten (Anm.:Fotografin) letztlich verfälscht werden kann, und es ist daher zu einer Beurteilung selbst in der Lage. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Beklagte hinreichende konkrete Anhaltspunkte dafür hätte vortragen können, dass das Vorgehen der Beklagten sowohl von den Mitbewerbern wie der Allgemeinheit gebilligt würde.” So schon zum Beispiel das Landgericht München I, Az.: 1 HKO 1829/76.
Nun hat der Bundesgerichtshof entgegen der Vorinstanz sogar eine Fotoaktion für rechtmäßig erklärt, die dadurch ermöglicht wurde, dass eine Fotografin der Schule kostenlos einen PC überließ und die Schule dafür eine Schulfotoaktion organisierte. In seinem neuen Urteil entschied der I. Zivilsenat, die Fotografin nehme nicht wettbewerbswidrig auf die Entscheidungen der Schule, der Schüler und deren Eltern Einfluss; die Eltern und Schüler könnten frei und unbeeinflusst entscheiden, ob ihnen die Fotos zusagten und der Preis angemessen erscheine.
Also, früher meinten Gerichte zum Sachverhalt: Der Kaufentschluss wird verfälcht; jetzt nimmt der BGH das Gegenteil an. Ob sich die Verhältnisse früher und heute tatsächlich anders verhielten bzw. verhalten, oder ob sich nur die Vorstellungen der Richter zum Sachverhalt geändert haben, bleibt im Dunkeln.
Das vollständige Urteil wurde noch nicht veröffentlicht. Das Aktenzeichen: I ZR 112/03.